"Amleto" bei den Bregenzer Festspielen

Ganz große Shakespeare-Oper

Der tschechische Tenor Pavel Cernoch (vorne r) und der österreichische Tenor Paul Schweinester (vorne l) in Franco Faccios Oper "Amleto" (Hamlet) bei den Bregenzer Festspielen. Aufnahme bei der Fotoprobe am 18.7.2016.
Die Tenöre Pavel Cernoch (vorne r) und Paul Schweinester (vorne l) in Franco Faccios Oper "Amleto" (Hamlet) bei den Bregenzer Festspielen © picture alliance / dpa / Bregenz Festival / Karl Forster
Von Franziska Stürz |
Mit Shakespeare die italienische Oper erneuert: Franco Faccios "Amleto" geriet nach der Uraufführung im Jahr 1865 in Genua schnell in Vergessenheit. Das Publikum der Bregenzer Festspiele erlebte nun die fulminante Wiedergeburt der Tragödie.
Indem sie Shakespeares Tragödie zum Opernstoff verarbeiteten, wollten Franco Faccio und sein Librettist Arrigo Boito nicht weniger, als die italienische Oper erneuern. Doch Amleto verschwand kurz nach der Uraufführung 1865 in Genua von der Bildfläche. Wohl auch, weil es eine große Riege enorm leitungsfähiger Solisten braucht, um das Werk zu besetzen.

Wiedergeburt einer tragischen Oper

Letztes Jahr gab es in den USA eine Wiederaufführung, und Festspielintendantin Elisabeth Sobotka hat sich mit aller Kraft dafür eingesetzt, dieses Werk als Eröffnungsstück der diesjährigen Bregenzer Festspiele auch in Europa zu präsentieren. Das Wagnis hat sich gelohnt, das Premierenpublikum im Festspielhaus erlebte die Wiedergeburt einer vor Italianità strotzenden, hoch spannenden und ausdrucksstark inszenierten tragischen Oper.
Regisseur Olivier Tambosi überzeichnet die Figuren leicht und setzt auf Spiel im Spiel durch Commedia dell Arte Momente. Gesine Völlms Kostüme tragen dazu maßgeblich bei: Die Hofgesellschaft wie auch das Königspaar Gertrude und Claudius tragen mittelalterliche Gewänder in rot, schwarz und weiß mit Schnabelschuhen und steifen Halskrausen. Große applizierte Augen liefern in der ausgeklügelten Lichtregie starke Effekte. Die Bühne von Frank Philipp Schlößmann vermittelt Show-Atmosphäre durch Glühlämpchen am Portal und den blutroten Vorhang. Zu Beginn liegt Pavel Cernoch als Hamlet auf dem schwarzen Boden und langsam heben sich die Scheinwerfer in den Schnürboden. Das Spiel beginnt.

Wiener Symphoniker voll im italienischen Element

Chronologisch folgt Amleto Shakespeares Tragödie. Jede der Figuren hat ihre große Szene, von Claudios Auftrittsarie über die Geister- Erscheinung des getöteten Vaters über die großen Duette zwischen Hamlet und Ophelia oder seiner Mutter Gertrude. Stark spannt sich der musikalische Bogen mit großem Pathos, tänzelnden Zwischenspielen, elegisch-lyrischen Passagen und wuchtigen Chören. Paolo Carignani und die Wiener Symphoniker sind voll im italienischen Element. In dieser Musik kann bis zur Glückseligkeit baden und Schwelgen, wer große Oper liebt. Immer wieder meint man Anklänge an Verdi, aber auch Mascagni, Leoncavallo oder Puccini zu hören, ja sogar Wagnersche Momente gibt es da zu entdecken.
Zu hören gibt es auch herrliche Stimmen: Die in jeder Hinsicht mörderische Hauptpartie gestaltet Pavel Cernoch absolut überzeugend und mit atemberaubender Kondition. Dshamilja Kaiser glänzt als Gertrude in einer Mezzosopran-Traumpartie, bei Iulia Maria Dan als lieblich-zarter Ophelia zeigt sich die Tücke der Partitur, wenn sie gelegentlich hinter dem Orchesterklang verschwindet. Doch der lang anhaltende, frenetische Jubel des Publikums für alle Beteiligten krönt diese Festspielpremiere zum verdienten Triumph.

Amleto (Hamlet)
Oper in vier Akten von Franco Faccio
Regie: Olivier Tambosi
Musikalische Leitung: Paolo Carignani
Bregenzer Festspiele

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