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Ein Flüchtling als Berlinale-Regisseur
Der Film "La dolce Syria" des syrischen Regisseurs Ammar Al-Beik läuft auf der Berlinale. Er selbst lebt inzwischen als anerkannter Flüchtling in Berlin. Er weiß auch schon das Thema seines nächsten Films, und auch der wird sein Schicksal zum Thema haben.
Ammar Al-Beik hat eine wahre Odyssee hinter sich:
"Es ist hart für mich, denn ich habe viele zurückgelassen: in Athen meine kleine Tochter und meine Frau. Damaskus, liegt hinter mir, ebenso wie Beirut und Dubai, wo wir auch gelebt haben. Ich hatte mir für den Moment, wenn ich hier am Flughafen ankomme, ein Wort im Kopf zurechtgelegt: Asyl, Asyl, Asyl."
Seit dem vergangenen September lebt der Künstler und Filmemacher aus Damaskus in einem Containerdorf mitten im Industrieviertel. Bunte, ovale Wandgemälde sind an schmutzigweißen Fassaden zu sehen, in schwarzer Schrift ist über dem Eingang "Welcome" zu lesen. Ein Wachmann fragt nach dem Ausweis. Ein fremder Mann beginnt zu singen.
Ammar Al-Beik teilt sich ein Zimmer mit einem Landsmann, der gerade in der Sprachschule ist. Seit kurzem ist Al-Beik ein anerkannter Flüchtling.
"Ich hatte schon früher meine Filme bei der Berlinale eingereicht, doch sie wurden zweimal abgelehnt. Jetzt hatte ich drei Filme fertig, zwei Kurz- und einen Spielfilm. Sie wählten 'La dolce Siria' aus. Das war hier in Berlin mein zweites Geschenk, denn kurz davor hatte ich meine Aufenthaltsgenehmigung bekommen und jetzt zeigen sie meinen Film auf dem Festival. Das bedeutet mir sehr viel, das ist ein gutes Zeichen."
Trilogie mit Filmen aus dem Exil
"La dolce Siria" ist der zweite Film von Ammar Al-Beik, der im Exil entstand, inspiriert von Federico Fellinis schwarz-weißem Film "La dolce vita".
"Manchmal macht einem das Kino Geschenke. Sie inspirieren Dich, was Neues zu schaffen. Wie zum Beispiel Fellinis Filme, seine Szenen aus dem römischen Zirkus. Oder ein Film auf youtube, der das Gastspiel eines italienischen Zirkus in Syrien zeigt, das sind wirklich Geschenke."
An seinem Laptop zeigt er mir Ausschnitte aus seinem Film "La dolce Siria". Zwei kleine Jungen sitzen im Hof und spielen mit Ammar Al-Beiks alter Filmkamera. Ein Hubschrauber kreist über Damaskus, Soldaten zielen auf ein Wohngebiet. Plötzlich schreit eines der Kinder: Sie werfen Bomben.
Der Kurzfilm ist eine bitterböse Geschichte über seine Heimat. Ammar Al-Beik plant eine Trilogie mit seinen Filmen aus dem Exil, "La dolce siria" ist der zweite nach "The sun Incubator". Beide sind in Beirut entstanden. Ammar Al-Beik erzählt, dass sich seine Stimmung und seine politischen Einschätzungen in der Zeit zwischen diesen beiden Produktionen deutlich verändert haben.
"Berlin inspiriert mich"
"Als ich 'The Sun Incubator' drehte, da hatte ich viel Energie und ich war felsenfest davon überzeugt, dass wir das Regime hinwegfegen werden. In 'La dolce Siria', zeige ich, dass wir, als die Revolution begann, sieben Monate friedlich auf den Straßen demonstriert haben. Doch das Regime setzte Waffen ein und schickte Scud-Raketen von Damaskus nach Aleppo. Sie haben Menschen getötet und die Stadt zerstört. Für mich ist Film, das Kino, die Chance darauf aufmerksam zu machen."
Ammar Al-Beik konnte dieser grausamen Realität entfliehen. Der Preis dafür war hoch und dennoch sagt dieser Künstler:
"Was für mich jetzt wichtig ist, ist, zu spüren, dass ich stärker geworden bin und dass meine Kraft zurückkommt. Berlin inspiriert mich, die Stadt hat eine gute Energie. Sie hat eine Atmosphäre, die es möglich macht, hier als Künstler zu leben und zu arbeiten. Ich will hier leben. Die politischen Verhältnisse in Syrien werden schlechter werden, aber ich will hier arbeiten, in Berlin Filme drehen!"
In Berlin will Ammar Al-Beik seine Trilogie vollenden: Seine Protagonisten werden die syrischen Flüchtlinge aus dem Heim sein mit all ihren Geschichten von Verfolgung, Vertreibung und ihrem Leben in Deutschland.