Amokläufe und Social Media

Wie die Polizei Falschinformationen bekämpft

10:04 Minuten
Nahaufnahme einer Spurensicherung: Zwei Personen mit blauen Schutzhandschuhen hocken auf dem Boden vor einem Gebäude und untersuchen ein Gewehr und einen Rucksack.
Nach dem Amoklauf in Heidelberg: Spurensicherung am Tatort © picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow
Stefan Jarolimek im Gespräch mit Nicole Dittmer · 25.01.2022
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Falschinformationen im Internet erschweren die Arbeit der Polizei in gefährlichen Lagen erheblich, wie zuletzt beim Amoklauf in Heidelberg. Doch soziale Medien können auch deeskalierend wirken, meint der Kommunikationswissenschaftler Stefan Jarolimek.
Bald nach dem Amoklauf eines 18-Jährigen in einem Hörsaal der Universität Heidelberg kursierten im Internet jede Menge Informationen. Doch viele waren irreführend: falsche Fotos, haltlose Hinweise.
Mit Desinformation habe die Polizei in vergleichbaren Fällen immer wieder zu kämpfen, sagt der Kommunikationswissenschaftler Stefan Jarolimek von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Die Wirkung, die soziale Medien in gefährlichen Lagen enfalteten, sei Fluch und Segen zugleich.

Falsche Fährten, manipulierte Fotos

Widersprüchliche Hinweise auf mehrere Tatorte oder mehrere Täter könnten die Arbeit der Polizei beispielsweise erheblich erschweren und im ungünstigsten Fall mehrere Hundertschaften von Einsatzkräften ins Leere laufen lassen. Auch "selbstgebastelte Fotos", die vermeintlich einen Hinweis auf den Täter geben, seien keine Seltenheit, so Jarolimek. Daher sei es besonders wichtig, gründlich zu prüfen, ob Informationen aus verlässlichen Quellen stammten. Aus Erfahrungen mit früheren Fällen könne man manchmal darauf schließen, dass bestimmten Angaben nicht zu trauen sei.
Die Hochschule der Polizei bietet inzwischen eine eigene Weiterbildung zum "Social Media Manager" an, die auch die Kommunikation in Krisensituationen umfasst. Einerseits komme es darauf an, die vielen Hinweise aus der Bevölkerung gut und schnell zu verarbeiten. Hier habe die Polizei inzwischen gelernt, dass für diese Aufgabe ausreichend Personal eingeplant werden müsse, so Jarolimek. Denn gerade in den ersten Stunden noch während oder nach einem dramatischen Ereignis erhalte die Polizei "eine Masse von Anfragen und Hinweisen".

Professionelle Krisenkommunikation

Andererseits sei eine frühzeitige und professionelle Kommunikation nach außen enorm wichtig. Die Polizei müsse im Krisenfall von Anfang an signalisieren, dass sie seriöse Informationen zur Lage auf ihren eigenen Social-Media-Kanälen biete, so dass Gerüchten gar nicht erst Raum geboten werde, sagt Jarolimek. Falls Gerüchte auftauchen, seien diese am besten zu zerstreuen, wenn die Polizei sie auf ihrem offiziellen Behörden-Account sofort richtigstelle.
Aus Jarolimeks Sicht bieten soziale Medien aber auch Chancen für die Polizeiarbeit. Richtig eingesetzt, seien sie ein wertvolles Instrument, um "schnell und unvermittelt die Bevölkerung zu informieren und auch Verhaltenshinweise zur Lage zu geben" - was letztlich dazu beitragen könne, eine gefährliche Situation zu entschärfen.
(fka)
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