"Amour fou"
BRD, Österreich, Luxemburg 2014
Regie: Jessica Hausner
Darsteller: Birte Schnoeink, Christian Friedel, Stephan Grossmann, Sandra Hüller, Katharina Schüttler
96 Minuten, ab 6 Jahren
Ein Selbstmord steril inszeniert
Das Drama um den gemeinsamen Suizid von Heinrich von Kleist und Henriette Vogel wurde nie aufgeklärt. "Amour fou" von Jessica Hauser erzählt von diesem Drama. Wer aber einen üppigen, intellektuellen Kostümfilm erwartet, wird enttäuscht werden.
Gerade hat der TV-Sender 3sat wieder mit der Fortsetzung seiner Jahresanfangsreihe "Amour fou: Filme von Liebe und Besessenheit" begonnen, da kommt einer der möglichen Anwärter für das nächste Jahr ins Kino.
Doch "Amour Fou" ist weder ein Liebesfilm noch bezieht sich die Besessenheit des Helden Heinrich (Christian Friedel) überhaupt auf eine Frau - und das Geschehen wird auch nicht in emotional hoch geladenen Szenen ins Bild gesetzt. Wer sich also von der Filmwerbung verführen und in das nie aufgeklärte reale Drama des gemeinsamen Suizids von Heinrich von Kleist und Henriette Vogel fallen lassen und sich genüsslich einem intellektuellen Kostümfilm hingeben will, wird ganz sicher enttäuscht.
Der Film wird als "ironische Komödie" beworben, aber selbst das ist nur eine vage Hilfskonstruktion. Der Wert des Filmerlebnisses, und das kann man durchaus haben, besteht in der Provokation: Nicht die unerfüllte Liebe zwischen dem berühmten Dichter und einer verheirateten Frau ist der Grund des Dramas, sondern die Verstiegenheit eines melancholischen und hochbegabten Schöngeistes, der übrigens niemals im Film "Kleist" genannt wird. Das ist komisch und vor allem kontrastiert es skurril mit der bewusst künstlichen, sterilen Inszenierung, in der die Helden gefühlt ausschließlich in der Halbtotalen in historische Räume und Kleider gepresst sind.
Ein großes Missverständnis
Was in ihnen passiert, ist nicht lebendig, sondern ein großes Missverständnis. Denn der in den Salons der Romantik umher geisternde Heinrich sucht eine Partnerin für ein gemeinsames, heute würde man sagen, selbstbestimmtes Sterben. Als sich die ewige Liebe Heinrichs, seine selbstständige und lebenslustige Cousine Marie (Sandra Hüller) dem verweigert, trägt er unvermittelt Henriette (Birte Schnoeink), der Ehefrau eines Geschäftspartners (Stephan Grossmann), diesen Wunsch an und wird erhört. Denn die junge Frau, die von anderen Männern wie den Rebellionen der Zeit scheinbar unangefochten in den Konventionen ihrer Ehe und ihres Mutterdaseins lebt, scheint unheilbar krank zu sein, der Freitod eine Möglichkeit, dem Leiden zu entgehen.
Etwas sehr unvermittelt und nur durch unterdrückte Abenteuerlust oder einfach nur Neugier zu erklären, verlässt sie die Familie und folgt Heinrich in den Wald am Berliner Wannsee. Aber immerhin ist wie immer bei der österreichischen Regisseurin Jessica Hausner ("Lourdes") die weibliche Figur interessanter als die Heinrichs. Allen Anstrengungen des Dresdener Theaterschauspielers Christian Friedel zum Trotz, kann er in dieser Interpretation niemals ein Porträt Heinrich von Kleists abgeben.