"An der bisherigen Aufgabenteilung ist Einiges zu hinterfragen"
Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff hält eine engere Zusammenarbeit des bundesdeutschen Zolls mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei für unverzichtbar und sieht auch Parteikollegin und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit Ihrem Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung auf dem richtigen Weg.
Ute Welty: Die Länder sind dagegen, verschiedene Gewerkschaften und auch der Präsident selbst des Bundeskriminalamtes: Die geplante Polizeireform stößt auf erheblichen Widerstand. Der Bundesinnenminister denkt intensiv nach über die Zusammenlegung von BKA und Bundespolizei, und FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff möchte am liebsten gleich auch noch den Zoll mit fusionieren. Guten Morgen, Herr Wolff!
Hartfrid Wolff: Ja, guten Morgen, Frau Welty!
Welty: Sie scheinen ja ein prima Thema gefunden zu haben, um sich zwischen alle Stühle zu setzen auch im Hinblick auf den Koalitionsausschuss heute! Was ist so schlecht an der bisherigen Aufgabenteilung?
Wolff: An der bisherigen Aufgabenteilung ist Einiges zu hinterfragen, dazu gehört insbesondere, dass wir bei den Bundesbehörden hier mehrere Doppelarbeiten haben. Zumindest hat das auch die Werthebach-Kommission festgestellt, dass es hier durchaus Reformbedarf gibt. Und das heißt, dass es zum Beispiel im Bereich der IT-Tätigkeiten, aber auch in anderen Bereichen eine ganze Menge Doppeltätigkeiten gibt, wo dann mehrere Behörden an der gleichen Stelle tätig sind. Und der Bürger sollte doch eine effiziente und auch effektive Sicherheit bekommen können, und es macht Sinn, wenn man sich da genauer Gedanken macht dieses zu entflechten.
Welty: Aber man könnte das doch über eine stärkere Zusammenarbeit lösen, es muss ja nicht direkt eine Fusion sein?
Wolff: Das sehe ich auch so, dass man durchaus darüber nachdenken kann, wie man hier diese Doppelarbeit am besten reduziert. Ob es eine Fusion ist oder sein muss, darüber diskutieren wir ja gerade.
Welty: Die Erfahrung lehrt: je größer die Fusion, umso größer der Personalabbau. Davor warnt zum Beispiel der Bund Deutscher Kriminalbeamter in Thüringen. Welche Garantien können Sie geben, dass es am Ende nicht genau so sein wird, dass man eben mit weniger Leuten dasteht?
Wolff: Wir wollen eine "Mehr"-Sicherheit für die Bevölkerung schaffen, wir wollen bessere Sicherheit für die Bevölkerung schaffen. Und das geht nicht, wenn wir einen Personalabbau herbeiführen. Also für die FDP-Bundestagsfraktion ist klar, ein Personalabbau steht nicht zur Diskussion.
Welty: Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch kann in den Vorschlägen keinen Gewinn an Sicherheit entdecken. Ist der Mann blind?
Wolff: Also aus meiner Sicht macht es sehr viel Sinn, tatsächlich in einigen Bereichen, insbesondere dann, wenn es darum geht, den internationalen Terrorismus oder die organisierte Kriminalität anzugehen, sich besser aufzustellen. Wenn Sie sich beispielsweise vorstellen – und da gab es durchaus auch Innenminister der Länder, die das so sehen –, dass man sich beim Zoll mal Gedanken machen muss, welche Bereiche sind dort für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität beispielsweise zuständig – siehe die Bekämpfung von Geldwäsche, siehe auch die Bekämpfung von Schwarzarbeit –, dann sollte man schon überlegen, ob es Sinn macht, dass der Zoll, der diese Bereiche bearbeitet, aber gleichzeitig die Bundespolizei und das BKA, die die organisierte Kriminalität bearbeitet, mehr zusammenarbeiten sollten. Und ich glaube, es macht hier durchaus Sinn, wenn man die Wege, die Informationswege verkürzt und eine bessere Vernetzung hinbekommt.
Welty: Wenn Sie das so beschreiben, dann klingt das nach einem ziemlichen Armutszeugnis für die bisherige Kooperation?
Wolff: Na ja, die bisherige Kooperation ist historisch entstanden, und manchmal entstehen dann auch Behörden, die ein gewisses Eigenleben entwickeln. Und für uns ist es interessant, dass dieses Eigenleben etwas mehr Dynamik bekommt in der Form, als dass Sie sich wieder auf ihre Aufgaben konzentrieren sollte und weniger auf ihr Eigenleben. Und deswegen ist es sinnvoll, hier auch mal neu zu denken und zu überlegen, wie ich mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bekomme.
Welty: Lassen Sie uns noch einen Moment bei der Argumentation des rheinland-pfälzischen Innenministers Bruch bleiben: Er fordert vor allem, dass man endlich wieder über eine verfassungskonforme Vorratsdatenspeicherung entscheiden soll, was in das Ressort Ihrer Parteifreundin Leutheusser-Schnarrenberger als Bundesjustizministerin fällt. Wann ist es denn so weit?
Wolff: Also wir haben, Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat einen Vorschlag vorgelegt, die FDP-Fraktion hat dieses auch sehr positiv aufgenommen, dass wir hier auch in den Bereichen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, aber auch der Bekämpfung der Alterskriminalität weiterkommen können. Das heißt, dass wir hier die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts angehen werden unter Berücksichtigung natürlich auch der Richtlinien der Europäischen Union. Aber der Vorschlag der FDP liegt vor und wir gehen jetzt davon aus, dass der Koalitionspartner hier konstruktiv mit uns darüber diskutieren möchte.
Welty: Was können Sie dem Koalitionspartner dafür bieten?
Wolff: Was müssen wir ihm dafür bieten? Wir wollen fachlich, sachlich auf einer vernünftigen Ebene mit ihm darüber reden.
Welty: Wie sinnvoll ist es denn in dieser offensichtlich aufgeheizten Stimmung auch noch den Zoll neben Bundeskriminalamt und Bundespolizei ins Spiel zu bringen? Werden die Dinge dadurch nicht noch komplizierter?
Wolff: Die Werthebach-Kommission hat beispielsweise schon vorgeschlagen, dass es einige engere Verzahnungen mit dem Zoll geben soll. Und es macht ja zum Beispiel auch an den Grenzen durchaus Sinn, dass hier die Bundespolizei und der Zoll enger zusammenarbeiten, das schlägt die Werthebach-Kommission vor. Es ist schon verwunderlich, warum wir zum Beispiel eine GSG 9 haben, die sehr gut ausgestattet ist, und gleichzeitig vom Zoll ebenfalls eine derartige Einsatzgruppe haben. Es ist auch so, dass zum Beispiel das Zoll-Kriminalamt im Wesentlichen der Bekämpfung von Außenwirtschafts- und Kriegswaffenkontrolle beziehungsweise Kriegswaffenbekämpfung dabei unterwegs ist. Und ich glaube hier sind es auch nicht reine fiskalische Tätigkeiten, sondern es macht Sinn, dass sich diejenigen, die als Sicherheitsbehörden beim Zoll tätig sind, sich auch mit den Sicherheitsbehörden, den eigentlichen Sicherheitsbehörden, besser vernetzen.
Welty: Jetzt verraten Sie mir doch noch zum Schluss, wie Sie aus der ganzen Nummer rauskommen: indem Sie die Aufregung erst mal liegen lassen, darüber Gras wachsen lassen und alles aufs Frühjahr verschieben?
Wolff: Also wir werden – und das ist immer so, der Vorschlag der Werthebach-Kommission ist ja auch erst Ende letzten Jahres öffentlich geworden und auch vorgelegt worden –, wir werden in aller Ruhe im Rahmen der Verfassung, im Rahmen der Zuständigkeiten sehr genau überprüfen, welche Vorschläge davon sinnvoll sind, welche vielleicht noch ergänzt werden müssen; und wenn man ein gutes Ergebnis haben möchte – ob das im Bereich der Vorratsdatenspeicherung ist oder ob das im Bereich der Sicherheitsarchitektur ist –, macht es Sinn, gute Politik zu machen und nicht schnelle Politik.
Welty: In diesem Sinne der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff in der "Ortszeit". Ich danke fürs Gespräch!
Wolff: Ich danke Ihnen auch!
Hartfrid Wolff: Ja, guten Morgen, Frau Welty!
Welty: Sie scheinen ja ein prima Thema gefunden zu haben, um sich zwischen alle Stühle zu setzen auch im Hinblick auf den Koalitionsausschuss heute! Was ist so schlecht an der bisherigen Aufgabenteilung?
Wolff: An der bisherigen Aufgabenteilung ist Einiges zu hinterfragen, dazu gehört insbesondere, dass wir bei den Bundesbehörden hier mehrere Doppelarbeiten haben. Zumindest hat das auch die Werthebach-Kommission festgestellt, dass es hier durchaus Reformbedarf gibt. Und das heißt, dass es zum Beispiel im Bereich der IT-Tätigkeiten, aber auch in anderen Bereichen eine ganze Menge Doppeltätigkeiten gibt, wo dann mehrere Behörden an der gleichen Stelle tätig sind. Und der Bürger sollte doch eine effiziente und auch effektive Sicherheit bekommen können, und es macht Sinn, wenn man sich da genauer Gedanken macht dieses zu entflechten.
Welty: Aber man könnte das doch über eine stärkere Zusammenarbeit lösen, es muss ja nicht direkt eine Fusion sein?
Wolff: Das sehe ich auch so, dass man durchaus darüber nachdenken kann, wie man hier diese Doppelarbeit am besten reduziert. Ob es eine Fusion ist oder sein muss, darüber diskutieren wir ja gerade.
Welty: Die Erfahrung lehrt: je größer die Fusion, umso größer der Personalabbau. Davor warnt zum Beispiel der Bund Deutscher Kriminalbeamter in Thüringen. Welche Garantien können Sie geben, dass es am Ende nicht genau so sein wird, dass man eben mit weniger Leuten dasteht?
Wolff: Wir wollen eine "Mehr"-Sicherheit für die Bevölkerung schaffen, wir wollen bessere Sicherheit für die Bevölkerung schaffen. Und das geht nicht, wenn wir einen Personalabbau herbeiführen. Also für die FDP-Bundestagsfraktion ist klar, ein Personalabbau steht nicht zur Diskussion.
Welty: Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch kann in den Vorschlägen keinen Gewinn an Sicherheit entdecken. Ist der Mann blind?
Wolff: Also aus meiner Sicht macht es sehr viel Sinn, tatsächlich in einigen Bereichen, insbesondere dann, wenn es darum geht, den internationalen Terrorismus oder die organisierte Kriminalität anzugehen, sich besser aufzustellen. Wenn Sie sich beispielsweise vorstellen – und da gab es durchaus auch Innenminister der Länder, die das so sehen –, dass man sich beim Zoll mal Gedanken machen muss, welche Bereiche sind dort für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität beispielsweise zuständig – siehe die Bekämpfung von Geldwäsche, siehe auch die Bekämpfung von Schwarzarbeit –, dann sollte man schon überlegen, ob es Sinn macht, dass der Zoll, der diese Bereiche bearbeitet, aber gleichzeitig die Bundespolizei und das BKA, die die organisierte Kriminalität bearbeitet, mehr zusammenarbeiten sollten. Und ich glaube, es macht hier durchaus Sinn, wenn man die Wege, die Informationswege verkürzt und eine bessere Vernetzung hinbekommt.
Welty: Wenn Sie das so beschreiben, dann klingt das nach einem ziemlichen Armutszeugnis für die bisherige Kooperation?
Wolff: Na ja, die bisherige Kooperation ist historisch entstanden, und manchmal entstehen dann auch Behörden, die ein gewisses Eigenleben entwickeln. Und für uns ist es interessant, dass dieses Eigenleben etwas mehr Dynamik bekommt in der Form, als dass Sie sich wieder auf ihre Aufgaben konzentrieren sollte und weniger auf ihr Eigenleben. Und deswegen ist es sinnvoll, hier auch mal neu zu denken und zu überlegen, wie ich mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bekomme.
Welty: Lassen Sie uns noch einen Moment bei der Argumentation des rheinland-pfälzischen Innenministers Bruch bleiben: Er fordert vor allem, dass man endlich wieder über eine verfassungskonforme Vorratsdatenspeicherung entscheiden soll, was in das Ressort Ihrer Parteifreundin Leutheusser-Schnarrenberger als Bundesjustizministerin fällt. Wann ist es denn so weit?
Wolff: Also wir haben, Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat einen Vorschlag vorgelegt, die FDP-Fraktion hat dieses auch sehr positiv aufgenommen, dass wir hier auch in den Bereichen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, aber auch der Bekämpfung der Alterskriminalität weiterkommen können. Das heißt, dass wir hier die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts angehen werden unter Berücksichtigung natürlich auch der Richtlinien der Europäischen Union. Aber der Vorschlag der FDP liegt vor und wir gehen jetzt davon aus, dass der Koalitionspartner hier konstruktiv mit uns darüber diskutieren möchte.
Welty: Was können Sie dem Koalitionspartner dafür bieten?
Wolff: Was müssen wir ihm dafür bieten? Wir wollen fachlich, sachlich auf einer vernünftigen Ebene mit ihm darüber reden.
Welty: Wie sinnvoll ist es denn in dieser offensichtlich aufgeheizten Stimmung auch noch den Zoll neben Bundeskriminalamt und Bundespolizei ins Spiel zu bringen? Werden die Dinge dadurch nicht noch komplizierter?
Wolff: Die Werthebach-Kommission hat beispielsweise schon vorgeschlagen, dass es einige engere Verzahnungen mit dem Zoll geben soll. Und es macht ja zum Beispiel auch an den Grenzen durchaus Sinn, dass hier die Bundespolizei und der Zoll enger zusammenarbeiten, das schlägt die Werthebach-Kommission vor. Es ist schon verwunderlich, warum wir zum Beispiel eine GSG 9 haben, die sehr gut ausgestattet ist, und gleichzeitig vom Zoll ebenfalls eine derartige Einsatzgruppe haben. Es ist auch so, dass zum Beispiel das Zoll-Kriminalamt im Wesentlichen der Bekämpfung von Außenwirtschafts- und Kriegswaffenkontrolle beziehungsweise Kriegswaffenbekämpfung dabei unterwegs ist. Und ich glaube hier sind es auch nicht reine fiskalische Tätigkeiten, sondern es macht Sinn, dass sich diejenigen, die als Sicherheitsbehörden beim Zoll tätig sind, sich auch mit den Sicherheitsbehörden, den eigentlichen Sicherheitsbehörden, besser vernetzen.
Welty: Jetzt verraten Sie mir doch noch zum Schluss, wie Sie aus der ganzen Nummer rauskommen: indem Sie die Aufregung erst mal liegen lassen, darüber Gras wachsen lassen und alles aufs Frühjahr verschieben?
Wolff: Also wir werden – und das ist immer so, der Vorschlag der Werthebach-Kommission ist ja auch erst Ende letzten Jahres öffentlich geworden und auch vorgelegt worden –, wir werden in aller Ruhe im Rahmen der Verfassung, im Rahmen der Zuständigkeiten sehr genau überprüfen, welche Vorschläge davon sinnvoll sind, welche vielleicht noch ergänzt werden müssen; und wenn man ein gutes Ergebnis haben möchte – ob das im Bereich der Vorratsdatenspeicherung ist oder ob das im Bereich der Sicherheitsarchitektur ist –, macht es Sinn, gute Politik zu machen und nicht schnelle Politik.
Welty: In diesem Sinne der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff in der "Ortszeit". Ich danke fürs Gespräch!
Wolff: Ich danke Ihnen auch!