Peter Schneiders Liebeserklärung an Berlin
Sein US-Publikum habe gedrängelt: Es wolle eine Fortsetzung von "Mauerspringer" lesen. 30 Jahre nach diesem internationalen Erfolg hat Peter Schneider nun mit "An der Schönheit kann's nicht liegen" wieder ein Berlin-Buch geschrieben.
In seinem neuen Werk begibt Schneider sich auf eine poetische Reise durch die wiedervereinigte, ewig unfertige Hauptstadt – aus dem Blickwinkel des staunenden Entdeckers.
Sein Publikum, speziell die US-Leser, hätten schon seit längerem eine Fortsetzung von "Mauerspringer" eingefordert - von jenem Buch also, in dem Peter Schneider den Begriff von "der Mauer in den Köpfen" geprägt hat. Das berichtete der Autor, Jahrgang 1940, nachdem er nun "An der Schönheit kann's nicht liegen" veröffentlicht hat.
Ihm sei klar geworden: "Das neue Berlin kennst du gar nicht." Und so habe er auch für seine Recherchen über seine Wahlheimat die Position eines Menschen eingenommen, "der Berlin gar nicht kennt". Dafür habe er unter anderem im legendären Club Berghain recherchiert - und eine Nacht dort durchgetanzt. Seine Kinder hätten ihm gesagt: "Das Berghain darf nicht fehlen!" Unangenehm aufgefallen sei er als immerhin 75-Jähriger dort aber nicht - und damit habe er ein eigenes Vorurteil widerlegen können. Nämlich, dass in Berlin streng nach Generationen getrennt getrunken und gefeiert würde.
Kein Loblied, aber ein Blick voll Liebe
Heraus gekommen ist kein Stadtführer, kein Loblied, das sich für die Berlin-Werbung eignet, sondern ein persönliches und poetisches Porträt, das den alten und neuen Absurditäten der Stadt nachspürt. Berlin ist nicht die schönste und auch nicht die älteste Hauptstadt Europas. Sie kann weder auf eine Altstadt noch auf Renaissance-Bauten noch auf ein weltberühmtes Bankenviertel verweisen. Wer nach aufregender moderner Architektur sucht, fährt lieber nach London, Paris und Barcelona.
Dafür biete das zerrissene, unfertige, auch hässliche Berlin etwas, das keine dieser anderen schönen, teuren und einschüchternden europäischen Metropolen zu bieten habe: "Das ist das Gegenteil von einschüchternd. Das hat für den nicht gerade Betuchten, der hereinkommt, die Botschaft: Hier ist immer noch eine Tür offen für dich."
Deutschland insgesamt hat sich gewandelt
Was ihm ebenfalls bei seinen Recherchen bewusst geworden sei: Deutschland insgesamt habe sich stark gewandelt seit dem Mauerfall - und das könne man sehr gut an der Bundesregierung ablesen:
"So eine Regierung finden Sie in ganz Europa nicht: Wir haben einen hocheffizienten, sehr sympathischen Rollstuhlfahrer als Finanzminister: Wir haben eine Frau mit sieben Kindern, die das Verteidigungsministerium übernimmt. Wir hatten bis vor kurzem noch einen schwulen Bürgermeister, eine Frau aus der DDR als Kanzlerin. Und wir haben einen ehemaligen Pfarrer aus der DDR, der in wilder Ehe im Schloss Bellevue lebt. So eine Regierung müssen Sie mir mal zeigen."
Peter Schneider: "An der Schönheit kann's nicht liegen"
Kiepenheuer & Witsch, 2015
336 Seiten, 19,99 Euro
Kiepenheuer & Witsch, 2015
336 Seiten, 19,99 Euro