An Su Kils Roman "Buk Gan Do"

Aufregende Geschichte der Mandschurei

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Im Vordergrund ist das Buchcover "Buk Gan Do". Das Bild im Hintergrund zeigt, eine historische Aufnahme von Schulmädchen in einem Klassenzimmer in der Mandschurai.
An Su Kil erzählt seine Geschichte so, wie es viele koreanischen Autoren Mitte des 20. Jahrhunderts taten: streng realistisch und mit etwas nationalem Pathos. © Deutschlandradio / konkurs Verlag
Von Katharina Borchardt |
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Zeitreise ins koreanisch-chinesische Grenzgebiet: Über vier Generationen schildert der 1911 geborene Autor An Su Kil in "Buk Gan Do" den Alltag einer Familie. Ein selten beleuchteter Schauplatz wird lebendig - erzählt in etwas kurzatmigen Episoden.
Am Grenzfluss zu China herrscht reger Schmuggelverkehr. Die letzten Ernten waren schlecht. Viele unterernährte Koreaner machen heimlich rüber, um Kartoffeln für ihre darbenden Familien zu holen. Klingt nach einer aktuellen Geschichte aus Nordkorea, setzt aber bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein.
Im Zentrum von An Su Kils Roman "Buk Gan Do" steht die grenznah lebende Bauersfamilie Yi, die ebenfalls hungert. Wie praktisch, dass Vater Han Bok eine alte Stele entdeckt, der zufolge das Land nördlich der Grenzflüsse zu Korea gehört. Die Entdeckung wird nach Seoul rapportiert, und die Emigration der Koreaner nach Norden erlaubt. So läuft er an, der Zuzug der Koreaner in die nordostchinesische Mandschurei.

Zeit zwischen 1870 und 1945

An Su Kil, der selbst 1911 im nördlichen Korea geboren wurde und mit seiner Familie einige Jahre lang in der Mandschurei wohnte, kennt die Gegend, die auf Koreanisch "Buk Gan Do" heißt. In seinem gleichnamigen Roman schildert er den Alltag der Yis über vier Generationen hinweg und lässt damit die Zeit zwischen 1870 und 1945 lebendig werden. Dazu gehört auch, dass die Yis in der neuen Heimat zunächst die Ablehnung der alteingesessenen Chinesen und später den politischen Zugriff der Japaner erleben. Diese errichten 1932 dort das Kaiserreich Mandschukuo, das chinesisch regiert, jedoch japanisch kontrolliert wird.
An Su Kil führt also in eine dramatische Zeit in einer heterogenen Region, die kaum einmal Schauplatz bei uns erhältlicher Bücher ist. Nur an Haruki Murakamis japanischen Leutnant Mamiya aus dem Roman "Mister Aufziehvogel" mag man sich noch erinnern, denn dieser war einst in Mandschukuo stationiert.
An Su Kil erzählt seine Geschichte so, wie es viele koreanischen Autoren Mitte des 20. Jahrhunderts taten: streng realistisch und leicht unterfüttert mit nationalem Pathos. Meistens schildert An die Alltagsprobleme der Yis und wie die Männer der Familie diese zu lösen versuchen. Die Frauen dürfen nur gelegentlich eine Mahlzeit reinreichen oder von der Seitenlinie aus eine Sorge formulieren.

Sonderbare Perspektivbrüche

Doch auch die Männer selbst sind einfache Leute mit begrenztem politischen Überblick. Deshalb zoomt der allwissende, sich aber ganz und gar auf die dörfliche Szenerie einlassende Erzähler gelegentlich aus dem Dorf heraus und flicht Exkurse über die weltpolitische Situation des gebeutelten Koreas ein. Dieser Wechsel zwischen einer Geschichtsschreibung von ganz unten und einer von ganz oben führt zu sonderbaren Perspektivbrüchen im Roman.
Brüche verursachen übrigens auch die in mehrere meist nur drei bis fünf Seiten umfassende Episoden gegliederten Kapitel. Diese Struktur ist der früher in Ostasien sehr üblichen Ersterscheinung als Fortsetzungsroman geschuldet. Aufgrund der Vielzahl an Kurzepisoden wirkt die Geschichte daher kurzatmig und hat aufgrund der dafür nötigen Wiederholungen paradoxerweise zugleich Längen.
So ist "Buk Gan Do" ein Roman, der die wirklich aufregende jüngere Geschichte der Mandschurei erzählt. Leider fehlt ihm aber ein größerer Spannungsbogen.

An Su Kil: "Buk Gan Do"
Aus dem Koreanischen von An Il Kil und Florian Rogge
Konkursbuch-Verlag, Tübingen 2019
640 Seiten, 19,90 Euro

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