Hören Sie zum Thema auch den Beitrag von Martin Hyun über einen Punkrock-Sänger, der Eishockey spielt:
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Mit Eishockey und Inlineskaten fit für die Konzerte
06:15 Minuten
Auf der Bühne rockt Andreas Bayless für die "Söhne Mannheims". Darauf bereitet er sich unter anderem mit Ausdauersport vor. Zum Beispiel mit Inlineskaten, gerne allein nach Mitternacht. Und hin und wieder schiebt er einen Puck übers Eis.
Jörg Degenhardt: Von Campino, Sänger der Toten Hosen, weiß man spätestens seit dem Konzertfilm "Weil du nur einmal lebst", dass er sich mit Kickboxen fit hält, und man sieht ihn in dem Film auch bei Dehnungsübungen. Andreas Bayless ist Gitarrist der Söhne Mannheims, er spielt Eishockey. Ist das nicht eine sehr riskante Sportart für einen Musiker? Sie fallen auf den Arm und dann, das nächste Konzert, das fällt aus.
Andreas Bayless: Beim Eishockey ist man ja in der Regel gut geschützt, außerdem spielen wir ja ein bisschen Alte-Herren-Hockey, das heißt keine Schlagschüsse mehr und keine richtigen bösen Angriffe auf den Körper. Ich muss sagen, beim Eishockey selber habe ich mich noch nie verletzt.
Degenhardt: Das ist aber merkwürdig - ich meine, da fliegt ein Puck durch die Gegend, das Eis ist hart.
Bayless: Also von blauen Flecken reden wir mal nicht. Wenn man vom Puck getroffen wird, ist das natürlich kein Vergnügen, aber strukturelle Verletzungen hatte ich noch nie beim Eishockey.
Degenhardt: Gibt es andere Sportarten neben dem Eishockey, die Sie betreiben?
Bayless: Meine Hauptsportart, würde ich sagen, sind eigentlich so Ausdauersachen, das heißt, ich fahre sehr gern Fahrrad, Rennrad, auf der Straße, und im Winter dann eher mal so Eislaufen, auch für die Ausdauer gerne auf einem See, wo das möglich ist, möglichst lange, drei, vier Stunden schon mal durchfahren auf den Schlittschuhen.
Degenhardt: Warum sind es gerade diese Sportarten, die Sie sich ausgesucht haben, oder sind die Sportarten zu Ihnen gekommen?
Bayless: Das ist eine gute Frage. Das Eishockey ist zu mir gekommen, das war Zufall, und darüber habe ich dann auch das Eislaufen richtig lieben gelernt, weil das macht irgendwie glücklich, kann ich mal sagen. Dadurch, dass der Friedrichspark hier in Mannheim zugemacht hat, das Eishockeystadion, das alte - da gab es dann so ein Promispiel, dazu hatte man uns eingeladen, und da habe ich dann wirklich Spaß an diesem Sport gefunden. Als Kind hab ich es eigentlich eher gehasst. Und Fahrradfahren ist natürlich, weil es einfach für die Gelenke und für die Ausdauer, für die ganze Fitness ich denke mal das Beste ist.
Degenhardt: Mal ganz ehrlich, wie oft kommen Sie dazu, zum Eishockeyspielen oder zum Fahrradfahren?
Bayless: Zum Eislaufen öfter, Eishockeyspielen ist in der Tat sehr selten. Fahrradfahren mache ich eigentlich zu jeder Gelegenheit, weil ich gar keinen Führerschein habe, das heißt, ich bin sehr aufs Fahrrad angewiesen und versuche das bei Wind und Wetter - heute war Sturm, ging nicht. Grundsätzlich ist man als Musiker natürlich immer ein bisschen antizyklisch unterwegs, das heißt, mit meiner Cappuccino-Gruppe, samstags und sonntags machen die ihre Ausfahrten, da kann man natürlich selten mittrainieren, weil man meistens beruflich unterwegs ist, wenn andere Leute trainieren. So passt natürlich das ganze Musikerleben auch in keinen Trainingsplan.
Degenhardt: Sie sprachen gerade von antizyklisch. Sie müssen als Musiker regelmäßig üben, ein Sportler muss regelmäßig trainieren, um Erfolge zu feiern, das ist ja doch eine Parallelität zwischen beiden Bereichen.
Bayless: Auf jeden Fall, man kann Musik und Sport sehr gut vergleichen. Auch aus dem Fußball nehmen wir oft Sachen her, wenn wir jetzt Band-Besprechungen haben oder so, und es gibt vom alten Herrn Herberger ein paar schöne Sprüche, die passen für uns genauso wie für jede Fußballtruppe.
Degenhardt: Welcher zum Beispiel?
Bayless: "Das Runde muss ins Eckige", das war zu Zeiten, als es noch CDs gab.
Degenhardt: Und "das nächste Konzert ist das schwerste".
Bayless: So, oder "nach dem Gig ist vor dem Gig", was das Üben betrifft und so weiter.
Degenhardt: Und "erst die dritte Halbzeit ist die schönste".
Bayless: Den kenn ich noch gar nicht, aber der ist gut, den nehmen wir auch.
"Im Grunde genommen ist es Alt-Herren-Sport"
Degenhardt: Was ist denn Sport für Sie, Herr Bayless, Ablenkung, geht es ums Fithalten für das Musikmachen oder einfach noch mal darum, sich auszupowern?
Bayless: Es ist natürlich wunderbar, wenn man sich vorstellt, man wäre jetzt noch mal Profisportler und man könnte das als Karriere betreiben. Das mache ich für mich selber, ich mache jetzt mehr kleine Herausforderungen, aber im Grunde genommen ist es Alte-Herren-Sport und es dient der Fitness, dass man einfach auf der Bühne ein längeres Konzert - manchmal spielt man zweieinhalb Stunden, da braucht man schone eine gewisse Fitness, wenn man so eine schwere Gitarre umhängen hat. Und man will sich ja auch noch bewegen, man will ja nicht die ganze Zeit da rumsitzen. Es geht eigentlich darum, fit zu bleiben und auch zu entgiften, wenn ich ehrlich bin, vom Lifestyle.
Degenhardt: Und das machen Sie, abgesehen vom Eishockey, allein - ohne Trainer, ohne Kollegen -, Fahrradfahren zum Beispiel?
Bayless: Fahrradfahren sehr gern. Wenn ich eine Gruppenausfahrt mitmachen kann, bin ich immer sehr froh, aber das meiste mach ich in der Tat alleine und setze mir so meine eigenen kleinen Ziele. Zum Beispiel Inliner fahre ich auch sehr gern, direkt vor der Haustür, da habe ich so eine kleine Strecke, so einen Fahrradweg, der ist beleuchtet, da gehe ich spät nachts hin, dass ich niemanden stören kann - das ist wieder das Antizyklische. Da sowieso niemand mittrainiert, mache ich das halt um zwölf Uhr nachts, fahre da von zwölf bis zwei Uhr nachts meine Runden rauf und runter und mach so Steigerungsläufe, also fange ganz locker an und versuche, jedes Mal ein bisschen schneller zu werden. Weltrekordzeiten werde ich nicht mehr erreichen.
Degenhardt: Muss ja auch nicht sein. Aber die Frage bleibt nicht aus: Sporttreiben dann mit Kopfhörern, mit Musik, oder genießen Sie auch mal die Ruhe bei der Bewegung?
Bayless: Absolut die Ruhe, mit Kopfhörer könnte ich mir gar nicht vorstellen. Man hat als Musiker, glaube ich, immer seinen eigenen autistischen Song im Kopf, den ziehe ich dann ran, aber mit Kopfhörern trifft man mich grundsätzlich nicht an.
Wer keinen Sport macht, wird schlapp
Degenhardt: Herr Bayless, wie ist das in der Szene, in der Musikerszene, was kriegen Sie da so mit, was machen die Kolleginnen und Kollegen, sportlich?
Bayless: Viele machen gar nichts, das ist vielleicht das Schlimmste, manche übertreiben. Fahrradfahren ist in der Tat sehr populär. Zum Beispiel der Rush-Schlagzeuger ist kürzlich gestorben, von dem hat das jetzt die Runde gemacht, dass er sich manchmal 200 Kilometer vor dem nächsten Tourziel hat aus dem Bus werfen lassen und ist dann da mit dem Fahrrad hingefahren und war auch nicht viel später als der Bus beim Soundcheck. Neil Peart heißt der, eine Legende.
Degenhardt: Ist das vielleicht auch eine Frage des Alters? Wenn man jung ist, dann meint man, ich schaffe das alles locker, ich stecke das alles locker weg, die anstrengenden Konzerte, und wenn man später älter wird, dann wächst auch die Einsicht, ich muss auch ein bisschen was für meine Fitness tun?
Bayless: Man muss da vorbauen, sonst merkt man auf der Tour recht schnell, dass man ziemlich schlapp wird. Und dann fängt man an, viel zu schlafen, das ist der schlimmste Fehler, den man machen kann, dann wird man gar nicht mehr fit. Also das gehört auch dazu, muss ich mal sagen, Ernährung ist natürlich auch schwierig. Wenn man jetzt on Tour ist und will Sport und alles kombinieren - deutsche Raststätten sind jetzt nicht gerade berühmt dafür, dass man da kulinarisch gut aufgehoben ist, oder auch von den Nährwerten her -, also muss man gucken, wie ernähre ich mich eigentlich. Das heißt, ich habe einen Haufen Zusatzpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, die ich mit mir rumschleppe.
Degenhardt: Also alles erlaubtes Doping?
Bayless: Ja, ja, wir reden von Moringa oder Ingwerpulver, Curcuma, so Sachen, auch zum Entgiften eben, da hab ich so ein ganzes Medizintäschchen dabei.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.