Andreas Platthaus: "Lyonel Feininger. Porträt eines Lebens"
Rowohlt Berlin 2021
448 Seiten, 28 Euro
Vom Comiczeichner zum weltberühmten Künstler
19:56 Minuten
Lyonel Feininger wurde als Expressionist und Bauhaus-Lehrer bekannt. Vor seiner Laufbahn als Künstler verdiente er viel Geld als Karikaturist in der damaligen „Zeitungshauptstadt“ Berlin. Das zeigt Andreas Platthaus in seiner Feininger-Biografie.
Einer der wesentlichen Maler der klassischen Moderne, Lehrer am berühmten Bauhaus in Weimar und Dessau: All das verbindet man mit Lyonel Feininger, der 1871 in New York geboren wurde. Weniger bekannt ist bisher, dass er zunächst 15 Jahre als Karikaturist und Zeichner für Zeitungen und Zeitschriften arbeitete, womit er großen Erfolg hatte.
Eine Biografie über Feininger hat nun Andreas Platthaus veröffentlicht: "Porträt eines Lebens" zwischen Europa und Amerika. [AUDIO der Rezension im Deutschandfunk]. Platthaus ist Leiter des Ressorts Literatur und Literarisches Leben bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er schrieb Bücher unter anderen über die Völkerschlacht bei Leipzig, die Novemberrevolution 1918 und den Bankier Alfred Herrhausen. Die Geschichte und Bedeutung der Karikatur stellte der Comic-Experte und Donaldist in dem Buch "Das geht ins Auge" dar.
So hat er auch den Maler Feininger für sich entdeckt, sagt Platthaus: "Der Comic-Zeichner war derjenige, der mich für ihn erst richtig begeistert hat." Den Plan, ein Buch über Feininger zu schreiben, habe er seit 20 Jahren gehabt. Als Stipendiat des Thomas Mann House im kalifornischen Pacific Palisades hatte Platthaus 2019 die Möglichkeit zu intensiven Recherchen und Muße zum Schreiben.
Die Großzeit der Karikatur
Feininger war auf Wunsch seiner Eltern als 16-Jähriger nach Deutschland gekommen, sollte Musiker werden, studierte aber Kunst in Hamburg und Berlin. "Als 20-, 21-Jähriger tat er sich um und fragte sich, wie verdient man denn Geld?", berichtet Platthaus. Die Antwort fand Feininger fast mühelos: Mit Zeichnungen für die unzähligen Blätter, die in der "Zeitungshauptstadt" Berlin erschienen.
"Es gab neue drucktechnische Prozesse, die die Reproduktion von farbigen Bildern leichter machten", sagt Platthaus. "In den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts begann die Großzeit der Karikatur."
Feininger habe einen ungewöhnlichen Stil gehabt, "ein bisschen an Wilhelm Busch orientiert, aber er hat dann schon eine sehr eigene Linie gebracht". So machte er schnell Karriere und verdiente mit seinen Arbeiten viel Geld: "Bis 1905, als er nach Paris ging, war er der erfolgreichste Karikaturist seiner Zeit zumindest in Berlin, und das will etwas heißen."
Comics für die "Chicago Tribune"
Feiningers Versuch, sich im amerikanischen Comic-Gewerbe zu etablieren, war zwar ein Flop, brachte aber einen wichtigen Schub für seine künstlerische Laufbahn. Der nach einem Jahr von der "Chicago Tribune" gekündigte Vertrag sei so toll dotiert gewesen, dass Feininger mit diesem Honorar 1905 nach Paris ziehen konnte, erzählt Andreas Platthaus: "Und dort hat er angefangen zu malen. Den Künstler Feininger in dem Sinne, wie wir ihn kennen, hätte es wahrscheinlich nie gegeben, wenn er nicht so unglaublich viel Geld in einem Jahr mit Comics verdient hätte."
(cre)