Andreas Schäfer: "Das Gartenzimmer"
Dumont Verlag, Köln 2020
352 Seiten, 22 Euro
Eine Villa in der Hauptrolle
10:06 Minuten
Andreas Schäfer macht in seinem neuen Roman eine Villa zur Hauptfigur: Ein Neu-Berliner Ehepaar macht das baufällige Gebäude, Frühwerk eines großen Architekten, zu ihrem Projekt und wieder zu einer Perle. Aber das Haus hat eine dunkle Geschichte.
Ein Haus im Grunewald, 1909 vom berühmten Architekten Max Taubert gebaut, bildet den Schauplatz und ist auch die Hauptfigur im neuen Roman von Andreas Schäfer. Die Villa Rosen im Berliner Nobelbezirk gibt es nicht, aber er habe sich an Häusern orientiert, die in dieser Zeit entstanden seien, sagt der Autor, der das Haus mit viel Liebe zum Detail schildert.
Schäfer hat früher als Journalist auch für eine Architekturzeitung gearbeitet hat. "Da gibt es das Genre des Hausporträts", sagt Schäfers. Man gehe in ein schönes Haus, beschreibe den Eigentümer, seine Vision und deren Umsetzung: "Da konnte ich ganz gut festmachen, dass Häuser real sind und gleichzeitig auch materialisierte Sehnsüchte – und sobald sie sich realisiert haben, zeigen sie mitunter eine andere Seite."
Ankommen und angenommen werden
Davon handelt auch sein Roman, in dem die Villa zu einem Lebensprojekt, zu einem Hoffnungsträger und zu einem Eindringling in eine Familie wird. Frieder und Hanna Lekebusch und ihr Sohn kommen nach Berlin und Ende der 90er-Jahre kaufen sie das Haus: "Das ist Hanna Lekebuschs Projekt", betont Schäfer. "Als ihnen diese baufällige Villa Rosen vor die Augen kommt, ist es sofort ihr Projekt. Sie will damit auch gesellschaftlich in Berlin ankommen."
Das Motiv Angenommen-Seins zieht sich ohnehin durch das Buch – über die Generationen der Bewohner. Die Menschen wollen angenommen werden in der Gesellschaft.
Das Haus wird jedenfalls aufwendig restauriert, bis zum Originalzustand des Hauses zurück und in dem neuem, alten Glanz wird die Villa zum Pilgerort für Max-Taubert-Fans.
Der Sohn der Lekebuschs verachtet indes, was das Haus mit den Eltern macht, in der Ehe wirkt es als Spaltpilz: "Das war ja ein großes Wir-Projekt, ein Ehe-Projekt", sagt Schäfer, aber: "Die Euphorie kehrt sich in ihr Gegenteil, als beide unterschiedliche Weisen finden, mit dem Haus und mit der Geschichte umzugehen."
Geschichte in den Wänden
Denn die Villa hat eine schlimme Geschichte. Er habe die Villa auf zwei Weisen wirken lassen wollen, sagt Schäfer. Positiv, über die Proportionen, über Nischen, über Blickachsen – ein menschenfreundlichen Raumgefühl. Zugleich gebe es aber auch die dunkle Vergangenheit.
Dazu sagt Schäfer: "Ich kann die Frage bis heute nicht beantworten – ob das, was in Räumen geschehen ist, in diesen Räumen in homöopathischen, winzigen Substanzen anwesend ist oder nicht. Möglicherweise ist es ja auch nur eine Art Kopfkino – ich möchte in diesem Raum nicht sein, weil da das und das passiert ist."
Aber natürlich sollte man sich der Vergangenheit stellen, meint Schäfer. "Ich glaube, das Problem ist, wenn man so tut, als hätte Bestimmtes gar nicht stattgefunden."
(mfu)