Vom Bombenbauer zum Dissidenten
Er war der Konstrukteur der sowjetischen Wasserstoffbombe. Dann wandelte sich der Kernphysiker Andrej Sacharow zum kompromisslosen Kämpfer für die Vernichtung aller Atomwaffen und wurde er zum "Staatsfeind Nr. 1" des sowjetischen Geheimdienstes KGB.
Andrej Sacharow: "Ich bin kein Theoretiker auf dem Gebiet der politischen Ökonomie. Ich denke einfach über das Glück, den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt nach und ich fühle, dass der totalitäre Sozialismus nicht effektiv ist, dass das System flexibler sein muss, menschlicher, föderalistischer."
Wegen solcher Sätze avancierte der meist zurückhaltend, ja fast schüchtern auftretende Andrej Sacharow zum "Staatsfeind Nr. 1" des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Dabei hatte zunächst nichts darauf hingedeutet, dass er zu einem der führenden Dissidenten in der Sowjetunion werden würde.
Wegen solcher Sätze avancierte der meist zurückhaltend, ja fast schüchtern auftretende Andrej Sacharow zum "Staatsfeind Nr. 1" des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Dabei hatte zunächst nichts darauf hingedeutet, dass er zu einem der führenden Dissidenten in der Sowjetunion werden würde.
Andrej Dmitrijewitsch Sacharow wurde 1921 in Moskau geboren, er studierte Physik und war maßgeblich am Bau der sowjetischen Wasserstoffbombe beteiligt. Der Lohn für seine Forschungstätigkeit: Die Akademie der Wissenschaften nimmt ihn 1953 als jüngstes Mitglied auf, er wird als so genannter Held der Sozialistischen Arbeit und mit dem Stalin-Preis ausgezeichnet.
Tote bei Atomwaffentests ändern seine Haltung
Doch die ersten Toten bei einem Atomwaffenversuch in Kasachstan im Jahr 1955, die radioaktive Verseuchung ganzer Landstriche und die Befürchtung, jeder weitere Test fordere zahllose Opfer, führen zu einem Umdenken. Jahrzehnte später erinnert sich Andrej Sacharow in einem Text:
Andrej Sacharow: "In den Jahren 1953 bis 1962 war mein Mitwirken an der Entwicklung der Thermonuklearwaffe und der Vorbereitung und Durchführung von Versuchen von immer klarerem Erkennen der dadurch aufgeworfenen moralischen Fragen begleitet."
Vom Kritiker des nuklearen Wettrüstens wird Sacharow zusehends zum Regimegegner. Er setzt sich für politisch Verfolgte ein, er protestiert gegen die Zerstörung der Umwelt und verliert mit der sowjetischen Invasion in Prag im August 1968 endgültig den Glauben an den Sozialismus.
Andrej Sacharow: "Seit 1970 ist die Verteidigung der Menschenrechte sowie die Verteidigung von Menschen, die politischen Übergriffen zum Opfer gefallen sind, für mich an die erste Stelle meines Wirkens getreten."
Andrej Sacharow: "In den Jahren 1953 bis 1962 war mein Mitwirken an der Entwicklung der Thermonuklearwaffe und der Vorbereitung und Durchführung von Versuchen von immer klarerem Erkennen der dadurch aufgeworfenen moralischen Fragen begleitet."
Vom Kritiker des nuklearen Wettrüstens wird Sacharow zusehends zum Regimegegner. Er setzt sich für politisch Verfolgte ein, er protestiert gegen die Zerstörung der Umwelt und verliert mit der sowjetischen Invasion in Prag im August 1968 endgültig den Glauben an den Sozialismus.
Andrej Sacharow: "Seit 1970 ist die Verteidigung der Menschenrechte sowie die Verteidigung von Menschen, die politischen Übergriffen zum Opfer gefallen sind, für mich an die erste Stelle meines Wirkens getreten."
1975 erhält Andrej Sacharow für sein Engagement den Friedensnobelpreis. Zur Verleihung darf er jedoch nicht nach Oslo reisen. Seine Frau Jelena Bonner nimmt für ihn die Auszeichnung entgegen und verliest seine Dankesrede.
Andrej Sacharow: "Ich bin überzeugt, dass internationales Vertrauen, gegenseitiges Verständnis, Abrüstung und internationale Sicherheit undenkbar sind ohne die Offenheit der Gesellschaft, ohne die Freiheit zu reisen und das Aufenthaltsland zu wählen."
Andrej Sacharow: "Ich bin überzeugt, dass internationales Vertrauen, gegenseitiges Verständnis, Abrüstung und internationale Sicherheit undenkbar sind ohne die Offenheit der Gesellschaft, ohne die Freiheit zu reisen und das Aufenthaltsland zu wählen."
Die Regierung verbannt ihn ohne Prozess nach Gorki
Als Andrej Sacharow 1979 gegen den Einmarsch der Roten Armee in Afghanistan protestiert und Kontakt zu westlichen Korrespondenten sucht, lässt ihn die sowjetische Führung verhaften und ohne Gerichtsverfahren nach Gorki verbannen, eine für Ausländer verbotene Stadt an der Wolga. Der in der Bundesrepublik lebende russische Schriftsteller und Bürgerrechtler Lew Kopelew erklärt dazu in einem Gespräch:
"Das ist schon mehr als psychischer Terror, das ist schon eine direkte Gefahr für das nackte Leben, für die Gesundheit, für die Existenz von Andrej Dmitrijewitsch Sacharow."
Erst in den Zeiten von Glasnost und Perestroika unter KP-Chef Michail Gorbatschow verbessert sich Sacharows Lage. Am 23. Dezember 1986 trifft der hagere, von mehreren Herzinfarkten und Hungerstreiks gezeichnete Dissident frühmorgens auf dem Moskauer Bahnhof ein und erklärt den wartenden Freunden und Journalisten:
Andrej Sacharow: "Am 15. Dezember hat man mir in der Nacht ganz unerwartet ein Telefon installiert. Am 16. Dezember um drei Uhr nachmittags hat Michail Sergjewitsch Gorbatschow angerufen und gesagt, dass ich nach Moskau zurückkehren kann. Und ich habe ihm gesagt, dass ich dankbar bin für diese Entscheidung."
Andrej Sacharow gründet die Bürgerrechtsbewegung Memorial und nimmt als Parlamentsabgeordneter an den Beratungen zu einer neuen Verfassung teil. Die radikalen Veränderungen und den Zerfall der Sowjetunion erlebt er jedoch nicht mehr. Er stirbt am 14. Dezember 1989 nach einem weiteren Herzinfarkt.
Ihm zu Ehren vergibt das Europäische Parlament jährlich den "Sacharow-Preis für geistige Freiheit", eine Auszeichnung, die nicht vor Verfolgung und Repressionen schützt. Der Menschenrechtsorganisation Memorial, Preisträger des Jahres 2009, droht nach der Einstufung als "ausländische Agenten" das Verbot durch die russische Regierung.