"Das kann jetzt wirklich eng werden für Lech Walesa"
War Polens Ex-Staatspräsident Lech Walesa ein Geheimdienstspitzel? Die Gerüchte gibt es schon lange, nun sind erstmals mögliche Belege aufgetaucht. Unsere Korrespondentin Sabine Adler wertet den Fund als "sehr bedeutend".
"Das kann jetzt wirklich eng werden für Lech Walensa", meint Adler. Auch wenn Walesa schon eingeräumt habe, eine Verpflichtungserklärung unterschrieben zu haben. "Er hat selber mal zugegeben, ja, er habe da mal was unterschrieben, das könnte sein, aber Berichte habe er nie verfasst."
Der Verdacht, dass Lech Walesa für den kommunistischen Geheimdienst Polens gespitzelt hat, kursiert seit Jahrzehnten. Für viele Polen ist es kein Verdacht, sondern eine Tatsache.
Unklarheit bestand bislang lediglich darüber, wie lange er gespitzelt haben soll, ob von 1970 bis 1976 oder bis 1978. In jedem Fall vor der Gründung der freien Gewerkschaftsbewegung Solidarność. Walesa selbst hat die Geheimdiensttätigkeit stets bestritten, auch vor Gericht, mit Erfolg.
297 Seiten Geheimdienstberichte von "IM Bolek"
In den vergangenen Jahren habe es immer an stichhaltigen Beweisen gemangelt, meinte Adler dazu im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Nun habe die Witwe des ehemaligen Innenministers General Czesław Kiszczak aber insgesamt 50 Kilo Akten an das polnische Institut für Nationales Gedenken übergeben, darunter zwei Aktenordner zu Lech Walesa. In diesen Aktenordnern solle eine handgeschriebene Verpflichtungserklärung über die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst sein, unterzeichnet mit dem Pseudonym "Bolek", außerdem 297 Seiten mit seinen Berichten.
Der polnische Geheimdienst sei in Zeiten des Kommunismus vergleichbar gewesen mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR, sagt Adler. Allerdings sei die Aufarbeitung in Deutschland gründlicher gewesen als bisher in Polen. Unter anderem Walesa habe sich "mit Händen und Füßen" gegen ein sogenanntes Lustrationsgesetz gewehrt, mit dem geklärt werden sollte, wie viele Menschen in Polen für den Geheimdienst gearbeitet hatten.
Er habe deswegen mit den Kaczyński-Brüdern gebrochen, die zu der Zeit in seiner Staatskanzlei arbeiteten und das Gesetz auf den Weg bringen wollten. Einen Zusammenhang dieses Streits mit der aktuellen Politik will Adler aber noch nicht herstellen: "Ich finde es ein bisschen zu früh, jetzt zu sagen, oh, das ist von Kaczyński inszeniert." Dass die Witwe des damaligen Innenministers nun die Akten herausgegeben habe, möglicherweise sogar gegen Geld, klinge nicht nach Inszenierung.