"Alle getöteten Menschen waren Zivilisten"
In der syrischen Stadt Ariha wurden mindestens 18 Zivilisten auf einem Markt getötet - vermutlich durch die russische Luftwaffe. Die Kölner Soziologin Huda Zein ist dort geboren, ihre Brüder leben in Ariha: IS-Kämpfer habe es dort noch nie gegeben, sagt sie.
In der von Rebellen kontrollierten syrischen Stadt Ariha sind am Wochenende mindestens 18 Zivilisten getötet und rund 40 weitere Menschen teils schwer verletzt worden. Nicht durch Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad, sondern von der russischen Luftwaffe, vermutet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
In Ariha leben auch die beiden Brüder der dort geborenen Soziologin und Islamwissenschaftlerin Huda Zein, die heute an der Universität Köln unterrichtet. Ihren Brüdern gehe es nach den Angriffen "sehr, sehr schlecht", sagte Zein am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur. Wie viele Anwohner seien sie traumatisiert. Sie hätten miterlebt, wie ihre Freunde in Stücke gerissen wurden. Es sei ein schwarzer Tag gewesen, so Huda Zein.
Die russische Luftwaffe habe in Ariha keine Mitglieder des IS bekämpfen können, sagte Zein weiter. Seit Mai sei die Stadt von bewaffneten islamisch orientierten Gruppen zurückerobert worden, die in Opposition zu Staatschef Baschar al-Assad ständen. "Aber der IS war in meiner Stadt noch nie." Es sei zwar möglich, dass der Einsatz oppositionellen Gruppen galt. "Aber dies war ein Angriff mit drei Raketen auf einen belebten Markt", so Zein. "Es gab gar keine bewaffneten Gruppen - alle getöteten Menschen waren Zivilisten."
"Nur noch Reste vom Leben"
An einen gewöhnlichen Alltag sei in Ariha kaum denkbar, sagte Zein. "Die Menschen dort haben nur noch Reste vom Leben, die meisten von ihnen haben keine Arbeit mehr. Und es gibt auch sehr wenig Wasser und sehr wenig Strom. Und die Menschen sind sehr arm." Es gebe zwar noch Geschäfte, viele Anwohner könnten sich den Einkauf aber nicht mehr leisten.
Ihrer Ansicht nach sei der Einsatz von Gewalt seitens des Assad-Regimes und seiner Verbündeten gegen die syrische Bevölkerung ebenfalls Terrorismus, meint Zein mit Blick auf den geplanten Militäreinsatz Frankreichs und anderen europäischen Ländern:
"Wenn terroristische Verbrecher unschuldige Menschen in Amerika oder Frankreich oder irgendwo anders töten, dann sind die Menschenrechte offensichtlich gültig und liefern einen ausreichenden Grund, um Kriege auf ausländischem Boden zu führen. Wenn aber hunderttausende Menschen in Syrien jahrelang kaltblütig und in erschreckender Weise mit jeder kreativen Art des Tötens vernichtet werden, (...) dann verstummen die Menschenrechte."