Angst vor der Rückkehr der Deutschen
Es klingt wie im Märchen: Eine reiche Bauerstochter erbte über 100 Hektar Land, Wälder und Seen. Doch die Bauerstochter zog weg, ging in den Westen und bekam einen deutschen Pass. Ihr Land aber verkaufte der polnische Staat an Leute, die sich darauf Häuser bauten. Der Verkauf erfolgte aber zu unrecht. Das entschied ein polnisches Gericht. Nun ist die Aufregung groß im masurischen Dorf Narty.
Natürlich hat auch Herr Kulas eine Meinung zur Affäre von Narty. Hier geht es, erklärt mir der Besitzer der größten Pension am Seeufer des masurischen Dorfes, nicht um einen Konflikt zwischen Deutschen und Polen und schon gar nicht um das Schicksal der Vertriebenen. Schließlich sei Agnes Trawny, die Narty Ende der Siebziger als Spätaussiedlerin verlassen hatte und jetzt mithilfe polnischer Gerichte ihren alten Grundbesitz zurückbekommt, gar keine richtige Deutsche. Ganz freiwillig und außerdem deshalb, weil es Polen damals so viel schlechter ging als Deutschland, sei sie ausgewandert. Deutsch wären an ihr doch vor allem die Papiere.
Papiere muss man aber auch irgendwoher haben, werfe ich ein. Genau, erklärt Kulas, die hatten schon ihre Vorfahren, die ebenfalls freiwillig der ersten Europäischen Union beigetreten seien. Die erste Europäische Union, für Herrn Kulas ist das Deutschland und Polen unter Naziherrschaft. Wer sich damals selbst zum Deutschen gemacht habe, dem seien die Subventionen zugeflossen. So ähnlich wie heute.
Der Bürgermeister der kleinen, dünn besiedelten Gemeinde im Süden der Masuren, zu der auch Narty gehört, sieht die Dinge etwas anders. Man müsse anerkennen, sagt Włodzimierz Budny, dass alle Menschen dieser Region, ob Polen oder Deutsche, schwere Schläge durch den Zweiten Weltkrieg hätten einstecken müssen. Aber, sagt Budny, hier geht es nicht um den Krieg, sondern um Unklarheiten, die sich aus dem polnisch-deutschen Nachbarschaftsvertrag von 1991 ergeben würden.
Prinzipielle Vorwürfe macht er den Trawnys nicht. Die Familie, mit der er von Amts wegen streitet, kennt er wie viele Einheimische noch aus den Siebziger Jahren. Wer würde nicht der Versuchung erliegen, ein solches Geschäft zu machen, wenn sich eine solche Riesenchance böte? Dennoch bereitet Budny die Zukunft große Sorgen. Alle Mieter sollen bis Ende nächsten Jahres aus dem Haus der Trawnys ausziehen. Eingezogen sind sie vor knapp 30 Jahren, damals, als die Trawnys weggingen und das Haus an den Staat fiel. Die Aufgabe des Bürgermeisters wäre es nun, für die betroffenen Familien neue Wohnungen zu beschaffen.
Doch damit nicht genug. Die Trawnys führen mithilfe ihres polnischen Anwalts noch einen zweiten Prozess gegen die Gemeinde. Denn die hat einen Teil des früheren Grundbesitzes weiterverkauft. Nun fordern die Trawnys 700.000 Euro Schadenersatz, was beinahe das Jahresbudget der Gemeinde ausmache. In Zukunft würden, ermutigt durch das polnische Gerichtsurteil zugunsten der Familie Trawny, immer mehr Spätaussiedler eine Gewinnchance wittern, fürchtet Budny. Allein innerhalb der Gemeinde könnte es zu 70 weiteren Gerichtsverfahren kommen, wenn die polnische Regierung nicht etwas unternimmt - am besten in Zusammenarbeit mit der deutschen. Man sehnt sich nach Rechtssicherheit.
Inzwischen sind die Vertreter der nationalklerikalen Regierungspartei "Liga für die polnische Familie" in Narty gewesen. Die "Liga" verspricht Hilfe und sammelt Stimmen für sich. Die benötigt sie auch dringend, denn in der Wählergunst ist die von Skandalen erschütterte Partei von Vizepremier Roman Giertych stark zurückgefallen. Im Streit um die Güter in Masuren könnte sie ein paar Hoffnungen wecken, sie auf sich selbst richten und im besten Fall erst nach den nächsten Wahlen wieder enttäuschen.
Papiere muss man aber auch irgendwoher haben, werfe ich ein. Genau, erklärt Kulas, die hatten schon ihre Vorfahren, die ebenfalls freiwillig der ersten Europäischen Union beigetreten seien. Die erste Europäische Union, für Herrn Kulas ist das Deutschland und Polen unter Naziherrschaft. Wer sich damals selbst zum Deutschen gemacht habe, dem seien die Subventionen zugeflossen. So ähnlich wie heute.
Der Bürgermeister der kleinen, dünn besiedelten Gemeinde im Süden der Masuren, zu der auch Narty gehört, sieht die Dinge etwas anders. Man müsse anerkennen, sagt Włodzimierz Budny, dass alle Menschen dieser Region, ob Polen oder Deutsche, schwere Schläge durch den Zweiten Weltkrieg hätten einstecken müssen. Aber, sagt Budny, hier geht es nicht um den Krieg, sondern um Unklarheiten, die sich aus dem polnisch-deutschen Nachbarschaftsvertrag von 1991 ergeben würden.
Prinzipielle Vorwürfe macht er den Trawnys nicht. Die Familie, mit der er von Amts wegen streitet, kennt er wie viele Einheimische noch aus den Siebziger Jahren. Wer würde nicht der Versuchung erliegen, ein solches Geschäft zu machen, wenn sich eine solche Riesenchance böte? Dennoch bereitet Budny die Zukunft große Sorgen. Alle Mieter sollen bis Ende nächsten Jahres aus dem Haus der Trawnys ausziehen. Eingezogen sind sie vor knapp 30 Jahren, damals, als die Trawnys weggingen und das Haus an den Staat fiel. Die Aufgabe des Bürgermeisters wäre es nun, für die betroffenen Familien neue Wohnungen zu beschaffen.
Doch damit nicht genug. Die Trawnys führen mithilfe ihres polnischen Anwalts noch einen zweiten Prozess gegen die Gemeinde. Denn die hat einen Teil des früheren Grundbesitzes weiterverkauft. Nun fordern die Trawnys 700.000 Euro Schadenersatz, was beinahe das Jahresbudget der Gemeinde ausmache. In Zukunft würden, ermutigt durch das polnische Gerichtsurteil zugunsten der Familie Trawny, immer mehr Spätaussiedler eine Gewinnchance wittern, fürchtet Budny. Allein innerhalb der Gemeinde könnte es zu 70 weiteren Gerichtsverfahren kommen, wenn die polnische Regierung nicht etwas unternimmt - am besten in Zusammenarbeit mit der deutschen. Man sehnt sich nach Rechtssicherheit.
Inzwischen sind die Vertreter der nationalklerikalen Regierungspartei "Liga für die polnische Familie" in Narty gewesen. Die "Liga" verspricht Hilfe und sammelt Stimmen für sich. Die benötigt sie auch dringend, denn in der Wählergunst ist die von Skandalen erschütterte Partei von Vizepremier Roman Giertych stark zurückgefallen. Im Streit um die Güter in Masuren könnte sie ein paar Hoffnungen wecken, sie auf sich selbst richten und im besten Fall erst nach den nächsten Wahlen wieder enttäuschen.