Anke Domscheit-Berg sitzt als Parteilose für Fraktion "Die Linke" im Bundestag. Politisch aktiv war sie auch schon zuvor – für die Grünen und die Piratenpartei. Sie selbst nennt drei Themenbereiche, die ihr besonders wichtig sind: die digitale Gesellschaft, transparentere Politik und Geschlechtergerechtigkeit. Domscheit-Berg ist auch bekannt als Netzaktivistin, Unternehmensberaterin und Publizistin. Sie lebt in Fürstenberg/Havel im Norden von Brandenburg.
Frauen-Solidarität nach emotionalen Auftritten
Nach den Anschuldigungen von Christine Blasey Ford gegen Brett Kavanaugh, den republikanischen Kandidaten für den Supreme Court, hofft die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg, dass der Beschuldigte vom US-Senat abgelehnt wird.
Es war ein Tag, den die Vereinigten Staaten nicht so schnell vergessen werden. Die Professorin Christine Blasey Ford hatte vor dem Justizausschuss des US-Senats geschildert, wie der republikanische Kandidat für den Supreme Court sie als 15-Jährige einst zu vergewaltigen versucht habe.
Wütend und mit Tränen in den Augen verteidigte sich später Brett Kavanaugh gegen die Vorwürfe, warf den Demokraten eine "Suche-und-zerstöre"-Attacke auf seine Reputation und Familie vor und versprach, seine Kandidatur unter keinen Umständen aufgeben zu wollen. Die republikanischen Senatoren scheinen ebenso wie US-Präsident Donald Trump an Kavanaughs Nominierung für einen Richterposten am Supreme Court festzuhalten. Nun muss der gesamte Senat entscheiden. Dort haben die Republikaner eine hauchdünne Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen.
Übergriffe im schulischen Umfeld
"Ich kann die Erschütterung, die man ihr auch 30 Jahre später anhört, sehr gut nachvollziehen", sagte die Bundestagsabgeordnete und Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg, im Deutschlandfunk Kultur. Sie habe tiefes Verständnis für die Aussagen von Blasey Ford. Leider seien solche Vorfälle keineswegs selten. Gerade junge Frauen zwischen 15 und 25 Jahren erlebten relativ häufig Übergriffe, insbesondere im schulischen Umfeld oder auf einem Campus in den USA.
Sie habe selbst 1987 erlebt, dass sie jemand im Studentenwohnheim überfallen habe. "Ich weiß nicht, wer es ist, man hat ihn nicht gekriegt", sagte Domscheit-Berg. Er habe etwas Vergleichbares versucht, aber sie habe es verhindern können. "Aber ich weiß, dass auch mich das 30 Jahre später noch beeinträchtigt, dass ich es sehr, sehr schwer finde, darüber zu reden."
Schlag ins Gesicht aller Frauen
Es gehe zur Zeit vielen Frauen so, dass sie mit Blasey Ford auf dieser Bank säßen und ihre Glaubwürdigkeit ebenfalls angezweifelt sähen. Es werde versucht, sie alle mit Schmutz zu bewerfen. "Wenn ich wüsste, wer das damals bei mir war und der würde heute für ein Amt kandidieren, ich würde ganz genau das Gleiche machen."
Domscheit-Berg sagte, sie würde es ebenso wie Blasey Ford als ihre Bürgerpflicht ansehen, eine solche Nominierung eines schlechten Menschen zu verhindern. "Das kann man einfach nicht machen, das ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen, die so eine Geschichte erlebt haben."
Welle der Unterstützung
Es zeige sich, dass derzeit in den USA die Telefone in den Redaktionen heiß liefen und Blasey Ford tausende von Zuschriften bekomme. "Es gehen doch relativ viele Frauen jetzt an die Öffentlichkeit", sagte Domscheit-Berg.
Die Politikerin äußerte allerdings die Sorge, dass es dennoch egal sei, ob diese Dinge geschehen seien. Auch wenn den Frauen jetzt geglaubt werde, helfe es vielleicht trotzdem nicht. Sollte Kavanaugh vom US-Senat durchgewunken werden, könnte sich das bei den Zwischenwahlen negativ auf die Republikaner auswirken.
Proteste von Frauen
Schon nach der Wahl von Trump hätten sich rund acht Millionen Frauen in 81 Ländern an den Frauenmärschen beteiligt. 40.000 Frauen hätten sich danach in den USA für politische Ämter registriert. "Da ist jetzt eine Bewegung drin, die zum Teil auch neue Kandidatinnen reinbringt in die Politik."
Bei der Wahl in New York habe sich gezeigt, dass "alte, weiße Platzhirsche" verdrängt werden könnten. Wenn im US-Senat falsch entschieden werde, dann werde diese Welle zum "Tsunami".
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