Animationsfilm

Von Arthouse bis Trash

Trickfilmfestival Stuttgart
Ein Banner in Stuttgart wirbt für das Trickfilmfestival. © dpa / picture alliance / Jan-Philipp Strobel
Von Michael Brandt |
Das Stuttgarter Trickfilmfestival gibt es seit den 80er-Jahren, mittlerweile ist es ein Großereignis mit 80.000 Besuchern und ein internationaler Branchentreff. Das 21. Festival beginnt nach Ostern.
Trickfilme im Jahr 2014 können sehr unterschiedlich sein: Ein geläuterter holländischer Hooligan, der zu Bildern von Straßenschlachten im Stil eines Marvel-Comics seine Geschichte erzählt. Zwei knallbunte Teddybären, die aussehen, als wären sie dem Kinderprogramm entsprungen, machen in einem adaptierten Roadmovie mit Schnellfeuerwaffen Jagd auf einen Cowboy. Eine abstrakte Collage mit Motiven der europäischen, britischen, israelischen Flagge wird zum Bekenntnis gegen den Krieg.
"Das ist auch das wirklich Spannende am Animationsfilm, dass Animationsfilm so eine Bandbreite hat. Von nach wie vor Handmade- Film, das Analoge ist beim Trickfilmfestival durchaus immer noch sichtbar, das Digitale auch, stereoskopische 3-D-Filme sind genauso zu sehen wie Stop-Motion-Filme, also Puppentrickfilme."
... sagt Ulrich Wegenast, der künstlerische Leiter des 21. Internationalen Trickfilmfestes in Stuttgart. Die Technik und die Ästhetik der Filme sind unterschiedlich, sagt er, wie auch die Zielgruppen. In Deutschland verbinde man animierte Filme noch immer vor allem mit Kinderfilmen, aber international sei das inzwischen anders. Gesellschaftskritische Arthouse-Filme, trashige Internet-Movies, große Spielfilme, all das gehört heute zum Genre und wird vom 22. bis zum 27. April in Stuttgarter Kinos zu sehen sein, auf einer großen Open-Air-Leinwand auf dem Schlossplatz und sogar im Mercedes-Museum im Stuttgarter Osten.
"Wir versuchen, dieses Haus und dieses Areal zu nutzen, um zu zeigen dem Rest der Welt, dass Stuttgart eine sehr sehr geile Stadt ist."
... so Michael Bock, der Leiter des Museums.
Preis für den besten deutschen Animationssprecher
Ein weiterer Aspekt des Themas sind Videospiele, deren Animationen inzwischen so gut sind, dass sie zum Festival dazu gehören. Auf dem Festival werden außerdem insgesamt acht Trickfilmpreise verliehen, unter anderem der große Animationsfilmpreis des Landes Baden-Württemberg, ein Nachwuchspreis, ein Preis für animierte Filme in der Werbung und − in diesem Jahr zum ersten Mal − für den besten deutschen Animationssprecher. Hier ist unter anderem ein alter Bekannter aus dem Fernsehen zu sehr analogen Zeiten dabei:
"Sie kennen vielleicht noch, wenn Sie älter sind, Ilja Richter − Licht aus, Spot an − er ist mittlerweile ein bekannter Sprecher, hat unter anderem bei ‚Waltz with Bashir' auch eine zentrale Sprecherrolle."
Eine Besonderheit des Trickfilmfestivals, das sich ans breite Publikum richtet, ist die parallel stattfindende Fachkonferenz FMX für die gesamte digitale Entertainment-Industrie. Hier treffen sich Künstler, Macher und Techniker, die zusammen dafür sorgen, dass sich der animierte Film weiter entwickelt. Und weil auf diese Weise ein Publikumsfestival mit einer Fachveranstaltung zusammentrifft, gelingt es immer wieder und auch in diesem Jahr, internationale Stars der Branche nach Stuttgart zu holen.
"Wir sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, sagt FMX-Programmchef Jean-Michel Blottière, John Landau, den Produzent von ‚Avatar' und ‚Titanic' nach Stuttgart zu holen. Ebenso Chris DeFaria, den Produzent von ‚Gravity' und schließlich sind wir extrem glücklich, dass wir Andy Serkis hier haben werden."
Andy Serkis ist vermutlich der unbekannteste bekannte Hollywood Schauspieler, denn er ist das menschliche Vorbild für Figuren wie Gollum im Herr der Ringe oder King Kong. Seine Mimik und Gestik wurden digital getrackt und dann auf die animierten Figuren übertragen.
Stuttgart ist führend im Bereich Animation
Aber Hollywood und Stuttgart sind, was das Thema Trickfilme angeht, ohnehin gar nicht so weit entfernt, sagt Festivalchef Ulrich Wegenast. Stuttgart sei zwar nicht die glamouröseste Stadt der Welt, aber Trickfilm habe viel mit Schaffen zu tun und man bräuchte eine Region mit guter bis sehr guter technischer und künstlerischer Infrastruktur:
"In der Tat ist die Region Stuttgart nicht nur wegen der Ausbildung und des Festivals mittlerweile führend Bereich im Animation. Insbesondere die Produktionsfirmen, die hier vor Ort sind, im Bereich Visual Effects beispielweise Pixomondo, die den Oscar für ‚Hugo Cabret' gewonnen haben, oder mit ‚Grand Budapest Hotel', das war Lux Film."
Technik gehört zum Trickfilm, Kunst und Geschäft − und auch das soll in Stuttgart nicht zu kurz kommen. Denn parallel zu Festival und Messe gibt es schließlich noch den Animation Production Day, ein Branchentreffen, auf dem Verträge geschlossen werden − wie es heißt, geht es in diesem Jahr um ein Produktionsvolumen von 100 Millionen Euro.
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