Animationsfilme sind "alles Einzelstücke"
Weil jeder Animationsfilm fürs Kino eine Art Prototyp sei, laste ein enormer wirtschaftlicher Druck auf den jeweiligen Produktionen, erklärt Niels Rinke. Firmen wie DreamWorks müssten mit jedem Schuss einen Treffer landen, so der Organisator der Branchenkonferenz FMX in Stuttgart.
Liane von Billerbeck: Am Donnerstag startet mit "Die Croods" der neuste Animationsfilm aus dem Hause DreamWorks Animation in den Kinos, und dieser Filmstart ist doppelt wichtig: Einerseits, weil DreamWorks für Filme wie "König der Löwen", für die "Shrek"- und die "Kung Fu Panda"-Filme verantwortlich ist, alles große Kino-Erfolge, aber auch, weil das Unternehmen kürzlich verkünden musste, dass es nur noch zwei statt drei Animationsfilme im Jahr produzieren wird.
Und im Umfeld des Studios in Kalifornien spricht man gar von einer drohenden Entlassungswelle, die über die knapp 2000 Mitarbeiter hereinbrechen könnte. Das hat auch mit den schlechten Einspielergebnissen des Films "Die Hüter des Lichts" zu tun, Produktionskosten von 145 Millionen Dollar standen einem Verlust von geschätzt 90 Millionen Dollar gegenüber.
Warum die Branche so sehr in der Krise steckt, darüber wollen wir jetzt mit Niels Rinke sprechen. Er arbeitet im Bereich Postproduction und Visual Effects und ist selbst Organisator der jährlich in Stuttgart stattfindenden Animationseffekt- und Computerspielkonferenz. Schönen guten Tag!
Niels Rinke: Hallo! Vielen Dank für die Einladung!
von Billerbeck: Warum ist es denn so, dass die Animations- und Visual-Effects-Branche so in der Krise steckt?
Rinke: Ja, das ist eine ziemlich komplexe Situation. Der Beitrag hat einige wichtige Themen ja auch schon angesprochen, ein ganz großer wirtschaftlicher Druck liegt eben einfach auf diesen Produktionen selbst. Sie haben das ja schon gesagt, die Filme sind nicht so günstig, wie man das denkt, sondern im Gegenteil, die sind teurer als so mancher Spielfilm, den man so im Kino sieht. Und dadurch ist da natürlich auch ein hohes Risiko mit verbunden, weil diese Filme auf eine gewisse Weise Prototypen sind. Das sind ja alles Einzelstücke, wo man jedes Mal wieder von vorne anfängt, wenn man so was entwickelt.
von Billerbeck: Man kann keine Bausteine irgendwo anders hernehmen und wieder einsetzen.
Rinke: Ganz genau. Man hat da wenig Chancen, außer jetzt vielleicht im technologischen Bereich, quasi Erfahrungswerte aus der einen Produktion in die andere zu übernehmen. Sondern man geht quasi immer mit einem Einzelstück an den Start, von dem man dann hoffen muss, dass es innerhalb weniger Wochen einen ganz, ganz großen Erfolg erzielt. Weil in den Kinos Filme jetzt ja auch nicht drei Monate laufen oder so, sondern wenn die nicht genügend Zuschauer bekommen, dann sind die halt nach ein paar Tagen auch ganz schnell wieder raus aus dem Kino.
von Billerbeck: Dann erledigt sich fast die Frage, dass man jetzt sich wundert, dass selbst so eine Firma wie DreamWorks Animation droht, dass da 350 Leute entlassen werden müssen. Das heißt, jeder Film muss ein Erfolg werden, sonst ist gleich die wirtschaftliche Lage gefährdet?
Rinke: Bei diesen Animationsfilmen ist das fast so. Also, Sie haben es ja selbst gesagt: Was anderes als diese Filme macht DreamWorks Animation jetzt in dem Fall ja nicht. Und danach wird man natürlich auch entsprechend bewertet. Und da hat man jetzt nicht die Chance, sich über irgendwelche Erfolge von anderen Filmen, die man vielleicht auch noch gemacht hat, noch seine Umsätze zu retten. Sondern man muss wirklich mit jedem Schuss einen Treffer landen. Und das ist eben eine wirklich schwierige Situation.
von Billerbeck: Wie sind denn solche Firmen organisiert? Also, man kennt ja gerade im Medienbereich große Armeen von Freelancern. Ist das bei diesen Animationsfilmfirmen auch so?
Rinke: Ganz genau! Also, da arbeiten auch viele Leute frei und für die unterschiedlichen Projekte, weil man sich eben wirklich für jedes Projekt ganz individuell sein Know-how zukaufen muss sozusagen, also das Team wirklich speziell auf den Anspruch, den der Film gerade hat, zusammenstellen muss. Und wie Sie richtig gesagt haben, ist es eben so, dass immer mehr Filme produziert werden und das ja auch generell in der Medienindustrie so ist, dass sich die ganze Aufmerksamkeit, die die Zuschauer halt bieten können, auf immer mehr Angebote verteilt. Und dadurch wird natürlich das Risiko auch immer größer, dass diese Filme halt nicht den Erwartungen entsprechen, die an sie gesetzt werden.
von Billerbeck: Auch von anderen Firmen, also außer DreamWorks Animation, ist bekannt, dass sie in Schwierigkeiten sind, kaum überleben können. Warum ist das so?
Rinke: Das hat, wie in vielen anderen Industrien auch, mit der Globalisierung zu tun. Das ist ein Markt, der zwar wächst, der aber nicht so stark wächst wie quasi das Angebot an Studios und an Inhalten, die dafür produziert werden. Und das heißt, der Kuchen bleibt sozusagen gleich groß, aber jeder will ein Stück davon abhaben. Und dadurch werden natürlich die einzelnen Kuchenstücke immer kleiner. Dadurch entsteht dann entsprechend Kostendruck, das Ganze verteilt sich mittlerweile über die ganze Welt.
Früher war es so, dass solche Firmen ja in erster Linie in Hollywood gesessen haben und mittlerweile aber sich wirklich über den ganzen Globus verteilen. Dadurch hat man da natürlich auch hochkomplexe Strukturen, wie sich Kosten zusammensetzen, wie Know-how und Produktionsabläufe gestaltet werden müssen. Und das ist eben nicht einfach und bedeutet natürlich auch für die einzelnen Firmen, dass sie immer günstiger produzieren müssen.
von Billerbeck: An welcher Stelle steht denn eigentlich Deutschland in diesem Bereich?
Rinke: Deutschland steht da eigentlich ganz gut da. Also, wir haben hier durchaus erfolgreiche Firmen in Deutschland, die aus internationalem Parkett da erfolgreich mitspielen. Allerdings ist es so – und das ist auch was Interessantes an dieser Branche –, dass Deutschland im internationalen Kontext tatsächlich fast so was wie ein Billiglohnland ist. Also, hier kann noch eine ganze Menge Material produziert werden, was man in den USA zu diesem Preis niemals produzieren könnte.
von Billerbeck: Weil es nicht genug Konkurrenz gibt?
Rinke: Weil ... Sie meinen jetzt, warum es in Deutschland günstiger ist, oder?
von Billerbeck: Ja!
Rinke: Gut, das hat in Deutschland sicherlich damit zu tun, dass das ein Markt ist, in den man erst mal noch rein möchte, so wie das bei vielen anderen Ländern eben auch der Fall ist. Das heißt, man versucht natürlich auch, konkurrenzfähig anzubieten, und wie das dann eben so ist: Bei einem steigenden Konkurrenzdruck sagen natürlich auch die Firmen, die diese Leistungen einkaufen wollen ...
von Billerbeck: Willst du's nicht für die Hälfte machen?
Rinke: Willst du's nicht für die Hälfte machen! Und dann muss man sehen, ob man das für die Hälfte machen kann oder nicht.
von Billerbeck: Es gibt aber auch durchaus Firmen wie PIXOMONDO, das ist eine deutsche Firma, die ja, könnte man sagen, Weltniveau haben. Die können doch dann aber auch sagen, aber bitte, da wollen wir auch ordentlich dafür bezahlt werden?
Rinke: Das ist schon richtig. Aber es gibt eben auf der Welt immer mehr Firmen, die tatsächlich zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis beziehungsweise eine gute Leistung anbieten können. Und die eben in manchen Ländern ganz andere Lohnstrukturen haben, als wir das in Deutschland haben. Und wenn die Qualität der Ware stimmt, dann wird eben auch woanders gekauft als jetzt nur in Deutschland oder in Amerika.
Und das sind eben Themen, da gehen ganz viele verschiedene Faktoren mit rein, rechtliche, kulturelle, wirtschaftliche, technische, die halt wirklich den Entscheidungsprozess beeinflussen. Und das ist auch der Grund, warum wir auf der FMX gesagt haben, wir müssen uns wirklich vier Tage lang mal damit auseinandersetzen, wie man dieses Problem wirklich, ich sage mal, ganzheitlich angeht und eben ein Gefühl dafür bekommt, wie man diese verschiedenen Faktoren gegeneinander ausbalancieren kann.
von Billerbeck: Nun gibt es ja auch das Postproduktionsunternehmen Rhythm and Youth, das hat einen Oscar bekommen für "Life of Pi", hatte aber vorher Konkurs angemeldet. Da gab es dann Solidaritätsbekundungen und einen Aufschrei auf Facebook. Nun haben wir aber die Krise in der Branche schon seit ein paar Jahren! Hat dieser Fall das Fass quasi zum Überlaufen gebracht? Also, eine erfolgreiche Firma, die aber Konkurs anmelden muss?
Rinke: Das kann man so sagen! Weil es natürlich auch ... Das ist, glaube ich, eine Woche vor den Oscars passiert, als die Insolvenz angemeldet wurde. Und das ist natürlich eine absurde Situation, dass man auf der einen Seite sagt, die arbeiten wirklich an einem der erfolgreichsten Filme, die es gibt, mit. Also "Life of Pi" hat dieses Wochenende, glaube ich, die 600-Millionen-Dollar-Marke an Umsätzen erreicht, was natürlich eine Menge Geld ist und wo man prinzipiell dann meinen müsste. Da bleibt auch genug übrig, um die Leute entsprechend zu bezahlen. Aber man muss eben leider sehen, dass diese Filme nicht immer so erfolgreich laufen. Und dass es eben auch nicht so ist, dass nur die Dienstleister wie Rhythm and Youth bei solchen Projekten draufzahlen, sondern dass das eben was ist, was die ganze Branche betrifft. Also auch die Studios eben. DreamWorks ist ja eher ein Studio als ein Dienstleister, der jetzt Leistungen nicht zukauft, sondern sie selbst erbringen muss. Und denen geht es auch nicht sehr viel besser!
von Billerbeck: Sie kennen sich aus in der Branche, Herr Rinke. Welchen Ausweg gibt es denn aus der Krise?
Rinke: Es gibt da sicherlich eine ganze Menge Chancen, die man ergreifen kann. Also, zum einen gibt es neue Märkte für generell einfach die Leistungen, die solche Firmen erbringen. Es gibt, wie Sie schon gesagt haben, die Computerspiele, es gibt Visual Effects, es gibt Computeranimationsfilme. Das heißt, es gibt eigentlich schon ein recht breites Portfolio an Filmen oder an Produkten, in die man sein Know-how auch investieren kann. Und das sind sicherlich die Chancen, die diese Firmen haben, sich etwas breiter aufzustellen und einfach neue Gelegenheiten zu finden, wie sie ihre Leistungen verkaufen können.
Das ist auch so ein Thema, was wir natürlich dann auf der Konferenz relativ häufig besprechen. Was gibt es für neue Märkte, was gibt es für neue Technologien, die einem dabei vielleicht helfen können, eben einfach über die Runden zu kommen. Und das ist auch was, was man sicherlich eher als Industrie besprechen muss, als dass einzelne Firmen da tatsächlich das Ruder rumreißen können. Das ist wirklich eine Frage von Nachhaltigkeit innerhalb der Branche, die man da angehen muss.
von Billerbeck: Das sagt Niels Rinke aus der Branche, der Animationseffekt- und Computerspielbranche, die jährlich auch einen Kongress organisiert, der im April stattfindet, über die Krise derselben. Ich danke Ihnen, Herr Rinke!
Rinke: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Und im Umfeld des Studios in Kalifornien spricht man gar von einer drohenden Entlassungswelle, die über die knapp 2000 Mitarbeiter hereinbrechen könnte. Das hat auch mit den schlechten Einspielergebnissen des Films "Die Hüter des Lichts" zu tun, Produktionskosten von 145 Millionen Dollar standen einem Verlust von geschätzt 90 Millionen Dollar gegenüber.
Warum die Branche so sehr in der Krise steckt, darüber wollen wir jetzt mit Niels Rinke sprechen. Er arbeitet im Bereich Postproduction und Visual Effects und ist selbst Organisator der jährlich in Stuttgart stattfindenden Animationseffekt- und Computerspielkonferenz. Schönen guten Tag!
Niels Rinke: Hallo! Vielen Dank für die Einladung!
von Billerbeck: Warum ist es denn so, dass die Animations- und Visual-Effects-Branche so in der Krise steckt?
Rinke: Ja, das ist eine ziemlich komplexe Situation. Der Beitrag hat einige wichtige Themen ja auch schon angesprochen, ein ganz großer wirtschaftlicher Druck liegt eben einfach auf diesen Produktionen selbst. Sie haben das ja schon gesagt, die Filme sind nicht so günstig, wie man das denkt, sondern im Gegenteil, die sind teurer als so mancher Spielfilm, den man so im Kino sieht. Und dadurch ist da natürlich auch ein hohes Risiko mit verbunden, weil diese Filme auf eine gewisse Weise Prototypen sind. Das sind ja alles Einzelstücke, wo man jedes Mal wieder von vorne anfängt, wenn man so was entwickelt.
von Billerbeck: Man kann keine Bausteine irgendwo anders hernehmen und wieder einsetzen.
Rinke: Ganz genau. Man hat da wenig Chancen, außer jetzt vielleicht im technologischen Bereich, quasi Erfahrungswerte aus der einen Produktion in die andere zu übernehmen. Sondern man geht quasi immer mit einem Einzelstück an den Start, von dem man dann hoffen muss, dass es innerhalb weniger Wochen einen ganz, ganz großen Erfolg erzielt. Weil in den Kinos Filme jetzt ja auch nicht drei Monate laufen oder so, sondern wenn die nicht genügend Zuschauer bekommen, dann sind die halt nach ein paar Tagen auch ganz schnell wieder raus aus dem Kino.
von Billerbeck: Dann erledigt sich fast die Frage, dass man jetzt sich wundert, dass selbst so eine Firma wie DreamWorks Animation droht, dass da 350 Leute entlassen werden müssen. Das heißt, jeder Film muss ein Erfolg werden, sonst ist gleich die wirtschaftliche Lage gefährdet?
Rinke: Bei diesen Animationsfilmen ist das fast so. Also, Sie haben es ja selbst gesagt: Was anderes als diese Filme macht DreamWorks Animation jetzt in dem Fall ja nicht. Und danach wird man natürlich auch entsprechend bewertet. Und da hat man jetzt nicht die Chance, sich über irgendwelche Erfolge von anderen Filmen, die man vielleicht auch noch gemacht hat, noch seine Umsätze zu retten. Sondern man muss wirklich mit jedem Schuss einen Treffer landen. Und das ist eben eine wirklich schwierige Situation.
von Billerbeck: Wie sind denn solche Firmen organisiert? Also, man kennt ja gerade im Medienbereich große Armeen von Freelancern. Ist das bei diesen Animationsfilmfirmen auch so?
Rinke: Ganz genau! Also, da arbeiten auch viele Leute frei und für die unterschiedlichen Projekte, weil man sich eben wirklich für jedes Projekt ganz individuell sein Know-how zukaufen muss sozusagen, also das Team wirklich speziell auf den Anspruch, den der Film gerade hat, zusammenstellen muss. Und wie Sie richtig gesagt haben, ist es eben so, dass immer mehr Filme produziert werden und das ja auch generell in der Medienindustrie so ist, dass sich die ganze Aufmerksamkeit, die die Zuschauer halt bieten können, auf immer mehr Angebote verteilt. Und dadurch wird natürlich das Risiko auch immer größer, dass diese Filme halt nicht den Erwartungen entsprechen, die an sie gesetzt werden.
von Billerbeck: Auch von anderen Firmen, also außer DreamWorks Animation, ist bekannt, dass sie in Schwierigkeiten sind, kaum überleben können. Warum ist das so?
Rinke: Das hat, wie in vielen anderen Industrien auch, mit der Globalisierung zu tun. Das ist ein Markt, der zwar wächst, der aber nicht so stark wächst wie quasi das Angebot an Studios und an Inhalten, die dafür produziert werden. Und das heißt, der Kuchen bleibt sozusagen gleich groß, aber jeder will ein Stück davon abhaben. Und dadurch werden natürlich die einzelnen Kuchenstücke immer kleiner. Dadurch entsteht dann entsprechend Kostendruck, das Ganze verteilt sich mittlerweile über die ganze Welt.
Früher war es so, dass solche Firmen ja in erster Linie in Hollywood gesessen haben und mittlerweile aber sich wirklich über den ganzen Globus verteilen. Dadurch hat man da natürlich auch hochkomplexe Strukturen, wie sich Kosten zusammensetzen, wie Know-how und Produktionsabläufe gestaltet werden müssen. Und das ist eben nicht einfach und bedeutet natürlich auch für die einzelnen Firmen, dass sie immer günstiger produzieren müssen.
von Billerbeck: An welcher Stelle steht denn eigentlich Deutschland in diesem Bereich?
Rinke: Deutschland steht da eigentlich ganz gut da. Also, wir haben hier durchaus erfolgreiche Firmen in Deutschland, die aus internationalem Parkett da erfolgreich mitspielen. Allerdings ist es so – und das ist auch was Interessantes an dieser Branche –, dass Deutschland im internationalen Kontext tatsächlich fast so was wie ein Billiglohnland ist. Also, hier kann noch eine ganze Menge Material produziert werden, was man in den USA zu diesem Preis niemals produzieren könnte.
von Billerbeck: Weil es nicht genug Konkurrenz gibt?
Rinke: Weil ... Sie meinen jetzt, warum es in Deutschland günstiger ist, oder?
von Billerbeck: Ja!
Rinke: Gut, das hat in Deutschland sicherlich damit zu tun, dass das ein Markt ist, in den man erst mal noch rein möchte, so wie das bei vielen anderen Ländern eben auch der Fall ist. Das heißt, man versucht natürlich auch, konkurrenzfähig anzubieten, und wie das dann eben so ist: Bei einem steigenden Konkurrenzdruck sagen natürlich auch die Firmen, die diese Leistungen einkaufen wollen ...
von Billerbeck: Willst du's nicht für die Hälfte machen?
Rinke: Willst du's nicht für die Hälfte machen! Und dann muss man sehen, ob man das für die Hälfte machen kann oder nicht.
von Billerbeck: Es gibt aber auch durchaus Firmen wie PIXOMONDO, das ist eine deutsche Firma, die ja, könnte man sagen, Weltniveau haben. Die können doch dann aber auch sagen, aber bitte, da wollen wir auch ordentlich dafür bezahlt werden?
Rinke: Das ist schon richtig. Aber es gibt eben auf der Welt immer mehr Firmen, die tatsächlich zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis beziehungsweise eine gute Leistung anbieten können. Und die eben in manchen Ländern ganz andere Lohnstrukturen haben, als wir das in Deutschland haben. Und wenn die Qualität der Ware stimmt, dann wird eben auch woanders gekauft als jetzt nur in Deutschland oder in Amerika.
Und das sind eben Themen, da gehen ganz viele verschiedene Faktoren mit rein, rechtliche, kulturelle, wirtschaftliche, technische, die halt wirklich den Entscheidungsprozess beeinflussen. Und das ist auch der Grund, warum wir auf der FMX gesagt haben, wir müssen uns wirklich vier Tage lang mal damit auseinandersetzen, wie man dieses Problem wirklich, ich sage mal, ganzheitlich angeht und eben ein Gefühl dafür bekommt, wie man diese verschiedenen Faktoren gegeneinander ausbalancieren kann.
von Billerbeck: Nun gibt es ja auch das Postproduktionsunternehmen Rhythm and Youth, das hat einen Oscar bekommen für "Life of Pi", hatte aber vorher Konkurs angemeldet. Da gab es dann Solidaritätsbekundungen und einen Aufschrei auf Facebook. Nun haben wir aber die Krise in der Branche schon seit ein paar Jahren! Hat dieser Fall das Fass quasi zum Überlaufen gebracht? Also, eine erfolgreiche Firma, die aber Konkurs anmelden muss?
Rinke: Das kann man so sagen! Weil es natürlich auch ... Das ist, glaube ich, eine Woche vor den Oscars passiert, als die Insolvenz angemeldet wurde. Und das ist natürlich eine absurde Situation, dass man auf der einen Seite sagt, die arbeiten wirklich an einem der erfolgreichsten Filme, die es gibt, mit. Also "Life of Pi" hat dieses Wochenende, glaube ich, die 600-Millionen-Dollar-Marke an Umsätzen erreicht, was natürlich eine Menge Geld ist und wo man prinzipiell dann meinen müsste. Da bleibt auch genug übrig, um die Leute entsprechend zu bezahlen. Aber man muss eben leider sehen, dass diese Filme nicht immer so erfolgreich laufen. Und dass es eben auch nicht so ist, dass nur die Dienstleister wie Rhythm and Youth bei solchen Projekten draufzahlen, sondern dass das eben was ist, was die ganze Branche betrifft. Also auch die Studios eben. DreamWorks ist ja eher ein Studio als ein Dienstleister, der jetzt Leistungen nicht zukauft, sondern sie selbst erbringen muss. Und denen geht es auch nicht sehr viel besser!
von Billerbeck: Sie kennen sich aus in der Branche, Herr Rinke. Welchen Ausweg gibt es denn aus der Krise?
Rinke: Es gibt da sicherlich eine ganze Menge Chancen, die man ergreifen kann. Also, zum einen gibt es neue Märkte für generell einfach die Leistungen, die solche Firmen erbringen. Es gibt, wie Sie schon gesagt haben, die Computerspiele, es gibt Visual Effects, es gibt Computeranimationsfilme. Das heißt, es gibt eigentlich schon ein recht breites Portfolio an Filmen oder an Produkten, in die man sein Know-how auch investieren kann. Und das sind sicherlich die Chancen, die diese Firmen haben, sich etwas breiter aufzustellen und einfach neue Gelegenheiten zu finden, wie sie ihre Leistungen verkaufen können.
Das ist auch so ein Thema, was wir natürlich dann auf der Konferenz relativ häufig besprechen. Was gibt es für neue Märkte, was gibt es für neue Technologien, die einem dabei vielleicht helfen können, eben einfach über die Runden zu kommen. Und das ist auch was, was man sicherlich eher als Industrie besprechen muss, als dass einzelne Firmen da tatsächlich das Ruder rumreißen können. Das ist wirklich eine Frage von Nachhaltigkeit innerhalb der Branche, die man da angehen muss.
von Billerbeck: Das sagt Niels Rinke aus der Branche, der Animationseffekt- und Computerspielbranche, die jährlich auch einen Kongress organisiert, der im April stattfindet, über die Krise derselben. Ich danke Ihnen, Herr Rinke!
Rinke: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.