"Viele Ältere haben keine Ahnung"
Bis zu sieben Stunden täglich hängen Jugendliche laut einer Studie über Smartphones und Bildschirmen. Verlieren sie damit soziale Kompetenz? Keineswegs, sagt die Politikerin und Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg. Sie kann das auch begründen.
Man müsse differenzieren, fordert Anke Domscheit-Berg: Wer auf der Straße unterwegs sei und nicht nach links oder rechts schaue, sondern ein Pokémon verfolge, verliere den Blick für die Umwelt. Das sei aber nicht gleich der Fall, nur weil Jugendliche "mit irgendwelchen Freunden whatsappen":
"Das ist soziale Kommunikation, die dann einfach virtuell stattfindet. Das heißt, bestimmte Prozesse, die früher analog waren, (…) werden jetzt einfach verlagert in den digitalen Raum. Deswegen sind es aber immer noch kommunikative und soziale Prozesse."
Gemeinschaftliches Aufmerksamkeitsdefizit
Domscheit-Berg widerspricht auch den auch dem Auftraggebern der JIM-Studie: Gerald Lembke, Präsident des Bundesverbands Medien und Marketing hatte bemängelt, Jugendlichen fielen "originäre Kulturtechniken wie das persönliche Aufeinanderzugehen in realen Welten" immer schwerer, "weil diese Zeit durch die virtuelle Kommunikation substituiert" werde. Das stimme nur halb, hielt die Netzaktivistin dagegen. Über Facetime könnten sich Jugendliche sehen, über WhatsApp Audioschnipsel schicken, aus denen auch die Tonalität hervorgehe:
"Viele, die darüber reden, gerade Ältere, haben gar keine Ahnung, wie genau im Detail Jugendliche diese Werkzeuge benutzen."
Es sei allerdings auch nicht so, dass es gar kein Problem gebe. Nur betreffe das die ganze Gesellschaft, sagt Domscheit-Berg, die der Fraktion der Linken im Bundestag angehört. Es gehe darum, sich zu fokussieren:
"Wir haben alle ein gemeinschaftliches Aufmerksamkeitsdefizit ein wenig entwickelt. Wir versuchen immer alle maximal zu multitasken, und in der Regel funktioniert es nur so halb."
(bth)