Ann Petry: "Harriet Tubman"

Schrei nach Freiheit

05:14 Minuten
Buchcover zu "Harriet Tubman. Fluchthelferin bei der Underground Railroad. Aus der Sklaverei in die Freiheit"
© Nagel und Kimche

Ann Petry

Aus dem Englischen von Hella Reese

Harriet Tubman. Fluchthelferin bei der Underground Railroad. Aus der Sklaverei in die Freiheit Nagel und Kimche, Zürich 2022

176 Seiten

16,00 Euro

Von Kim Kindermann |
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Harriet Tubman befreite mehr als 300 Menschen aus der Sklaverei, in die sie selbst hineingeboren worden war. Ihre Geschichte erzählte die afroamerikanische Autorin Ann Petry schon 1955 in einem Jugendbuch, das jetzt erstmals auf Deutsch vorliegt.
Dieses Jugendbuch ist gleich in zweifacher Hinsicht interessant: wegen seiner Protagonistin und seiner Autorin. Ann Petry schrieb es 1955, als sich die gelernte Apothekerin in immer mehr Texten und später auch Romanen mit Rassismus beschäftigte. An ihrer historisch verbürgten Hauptfigur Harriet Tubman wird das sichtbar. Mit der vorliegenden Biografie können junge Leserinnen und Leser nun beide entdecken. 

Mit sechs Jahren „vermietet“

Harriet Tubman wurde 1820 in Maryland geboren und erlebte selbst noch am eigenen Leib, was Sklaverei bedeutet. Im Alter von sechs Jahren wurde sie an eine weiße Familie „vermietet“, um auf einen Säugling aufzupassen. Schrie das Baby, wurde sie mit einer Peitsche geschlagen. Schon früh erwachte in dem streng gläubigen Mädchen der Wunsch, frei zu sein.
Ausführlich erzählt Ann Petry über das Leben auf den Plantagen, von den unerträglichen Arbeitsbedingungen, wie Menschen zur Ware deklariert wurden – aber auch davon, dass sich immer mehr Widerstand bemerkbar machte und Sklaven die Flucht gelang: „Auch im Viertel auf der Brods Plantage wurde über diese geheime Underground Railroad getuschelt.“   

Die Geschichte der Underground Railroad

1849 beschloss Harriet Tubman zu fliehen. Die mittlerweile körperlich starke Frau sollte verkauft werden. Mit Hilfe der Underground Railroad - einer Gruppe Freiwilliger, die bis zum Ende des amerikanischen Bürgerkriegs geflüchteten Sklaven half - gelangte sie in die Nordstaaten und erlebte dort zum ersten Mal, was es heißt, frei zu sein.
In den folgenden Jahren wurde Harriet Tubman dann zur bekanntesten Fluchthelferin. Unter dem Pseudonym „Moses“ rettete sie 300 Menschen, lief mit ihnen durch Wälder, durchquerte Flüsse und oder harrte mit ihnen in Sümpfen aus: Frauen, Männer, Kinder, die jüngsten betäubt mit Opium.

Mit großem Einfühlungsvermögen

Tubman ist heute eine amerikanischen Nationalheldin, an die mehrere Bücher und Filme erinnern. Dabei gibt es wenige Quellen, die von ihr selbst stammen, sie lernte niemals lesen und schreiben. Alles, was man über sie weiß, stammt aus Briefen und Erzählungen anderer, die auf Gesprächen mit Harriet Tubman beruhen.
Umso interessanter ist, wie Ann Petry sich Harriet nähert: Die Biografie liest sich fast so, als hätte sie die Freiheitskämpferin persönlich gekannt. Sie schreibt mit großem Einfühlungsvermögen über Tubmans Stimmungen, Gefühle und Ansichten. Sie schildert, wie es an einem bestimmten Ort roch, wie sich der Boden unter den Füßen anfühlte und der Hunger an der jungen Frau zehrte.

Das Prinzip der Gleichheit

Das ermöglicht Nähe, lässt die große Kraft dieser Frau ganz unmittelbar spürbar werden und ist eine Ermunterung für junge Menschen, das wichtige Prinzip der Gleichheit aller Menschen zu verinnerlichen.
All das wird eingebettet in die politisch-historische Situation: Am Ende eines jeden Kapitels finden sich wichtige Daten und Fakten. Ein kluger Zug der Autorin, denn so wird all das, was sie über Harriet Tubman schreibt, selbst zur Tatsache. Ihr Buch ist damit eine großartige Geschichtsdokumentation.

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