Prof. Dr. Thorsten Faas ist Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin
Brigitte Fehrle ist ehemalige Chefredakteurin der Berliner Zeitung und arbeitet als freie Journalistin
Frischer Wind für die Demokratie?
91:24 Minuten
Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue CDU-Vorsitzende und löst nach 18 Jahren Angela Merkel ab. Zuvor hatten die drei Kandidaten wochelang im ganzen Land mit der Basis diskutiert und gestritten. So viel frischer Wind war selten in der CDU.
"Der Modernisierungsprozess in der CDU ist auf dem Weg", sagt Prof. Dr. Thorsten Faas, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin. Derzeit sei allerdings überhaupt noch nicht absehbar, ob er je abgeschlossen werden könne. Mit den Regionalkonferenzen sei viel innerparteiliche Energie freigesetzt worden. Gleichzeitig seien auch Konflikte und Unterschiede deutlich zu Tage getreten, in welche Richtung sich die Partei entwickeln soll. Diese Flügel gelte es wieder zusammenzuführen.
Noch regiere die CDU in der Großen Koalition mit einer SPD, die sich immer weiter marginalisiere: "Das, was die SPD gerade erleidet, ist nur kurzfristig ein Personalproblem, sondern Ausdruck eines massiven Vertrauensverlustes." Es sei schwierig, ein Rezept zu benennen, wie sich die Partei aus diesem Tief hocharbeiten könne. "So manche Debatte die wir führen – die eine Partei muss nur mehr nach rechts rücken, die andere mehr nach links – das ist naiv. Das Problem liegt viel tiefer."
Vertrauensverlust der Politik
"Das alte Modell der Volksparteien ist vorbei", sagt die Journalistin Brigitte Fehrle. "Das ist die gesellschaftliche Entwicklung, in der sich die Demokratie wesentlich verändert hat, und in der sich auch die Öffentlichkeit komplett verändert."
Auch sie beobachtet einen Vertrauensverlust in die Politik: "Das Grundproblem ist, dass die Leute im konkreten Umfeld erleben: Die Politik tut nicht das, wofür wir sie gewählt haben." Das führe zu Frust und treibe manche Wähler zu populistischen Parteien, die schnellere Lösungen versprechen.
Das alte rechts-links-Schema habe ausgedient. "Die Leute sind nicht mehr an Parteien gebunden. Sie wollen nicht wissen: Wo unterscheiden sie sich, sondern: Was bieten sie mir? Die Leute betrachten eine Wahl wie einen Gang durch einen Supermarkt. Sie gehen durch die Regale und sagen: Das ist mein Bedürfnis – was bietet die Partei mir an?" Letztlich lebe eine Demokratie aber auch von der Beteiligung und dem Engagement der Bürger. "Ein Gemeinwesen kann nur so funktionieren, wie jeder Einzelne sich einbringt. Es nützt nichts, der Politik den Spiegel vorzuhalten."
Wettstreit in der CDU – Frischer Wind für die Demokratie? Darüber diskutiert Vladimir Balzer am 8. Dezemner von 9.05 bis 11 Uhr mit Brigitte Fehrle und Thorsten Faas. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800-2254-2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.