Die feministische Perspektive
Vor 100 Jahren entbrannte die Russische Revolution. Sie begann mit einem Traum und endete in Unterdrückung. Annemie Vanackere, Leiterin des Berliner Theaters Hebbel am Ufer, spürt in dem Festival "Utopische Realitäten" der Rolle einer fast vergessenen Revolutionärin nach.
In Zusammenarbeit mit dem Projekt "100 Jahre Gegenwart" des Berliner Hauses der Kulturen der Welt findet am Hebbel am Ufer ab dem 12. Januar das Festival "Utopische Realitäten" statt – mit verschiedenen Theaterproduktionen, Installationen, Musik- und Diskussionsformaten.
Inspiriert wurde das Festival von einer besonderen Schutzpatronin, einer radikalen Vordenkerin der Revolution: Alexandra Kollontai. Sie war eine der ersten Diplomatinnen überhaupt und später Ministerin im Kabinett von Lenin.
Kollontai hat sich für die Gleichstellung von Frauen eingesetzt und fest daran geglaubt, dass sich die Ideale der Revolution nur mit einer völligen Gleichstellung der Geschlechter umsetzen lassen. Dass sie heute kaum noch bekannt ist, hat die Organisatorinnen des Festivals besonders gereizt.
"Blinde Flecken in der Geschichte"
"Das gehört zu unserer Orientierung", sagt HAU-Leiterin Annemie Vanackere im Deutschlandradio Kultur.
"Wir versuchen öfters, blinde Flecken in der Geschichte ein bisschen zu korrigieren. Das hat sehr oft mit feministischen Perspektiven zu tun, auch wenn wir das gar nicht immer so offen sagen wollen. Wir tun es halt."
Die Frühphase der Revolution habe "einen Moment der Aufbruchsstimmung" mit sich gebracht, so Annemie Vanackere, "wo Kunst und Politik gar nicht so unterschiedlich voneinander waren". Dem Prinzip der Utopie steht sie dabei durchaus kritisch gegenüber:
"Wenn man versucht, eine sehr fest umrissene Utopie zu realisieren, endet es immer in Tod und Mord – deswegen habe ich den Begriff des utopischen Denkens daneben gestellt, denn ohne Hoffnung auf Veränderung fängt man auch nicht an zu handeln."