Annina Haab: "Bei den großen Vögeln"
Berlin Verlag, 2021
288 Seiten, 22 Euro
Beim Umgang mit dem Tod fehlt uns die Übung
10:15 Minuten
Annina Haab beschäftigt sich in ihrem Debütroman mit Tod und Abschied. Die junge Schweizer Autorin erzählt von einer innigen Beziehung zwischen Großmutter und Enkelin - und deren Ende.
Annina Haab beschäftigt sich in ihrem ersten Roman mit dem Ende des Lebens. "Bei den großen Vögeln" erzählt vom Sterben. Die Ich-Erzählerin nimmt Abschied von ihrer fast 90 Jahre alten Großmutter.
"Das ist ein großes Thema, bei dem uns die Übung fehlt", sagt die 1991 geborene Autorin über ihre Motivation, sich dem Thema literarisch zu nähern. Abseits der Religion fehlten die weltlichen Rituale, um mit dem Tod umzugehen.
Eine riesige Leerstelle und viel Schmerz
Das Unspektakuläre eines natürlichen Todes sei schwierig zu erzählen: "Und gleichzeitig tut sich eine riesige Leerstelle auf und der Schmerz ist trotzdem da", betont die Schweizerin. Es sei schwer, sich den nötigen Raum zu geben, es gebe auch keine Anleitungen zum Trauern, "wie man damit fertig wird, dass ein Mensch, der zu einem dazugehört, dann einfach weg ist."
Die Verbindung zwischen der sterbenden, fast 90 Jahre alten Frau und ihrer Enkelin basiere auf bedingungsloser Zuneigung, so Haab: "Das ist ein Raum, in dem alles okay ist." Die Großmutter mit dem Namen Ali habe ein humorvolles Wesen und sei eine Frau von großer Freiheit, das mache sie zur Identifikationsfigur. "Im Grunde würde sich die Enkelin wohl ein Rezept wünschen, auch so zu werden."
Der Abschied beginnt mit dem Einzug ins Altersheim
"Der Abschied von Ali beginnt nicht mit ihrem Tod", sagt die Autorin - sondern mit dem Einzug ins Altersheim und dem Verlust an Autonomie. "Ich wollte einen Raum aufmachen für Gefühle", sagt Haab, "ganz fern von Zynismus und Abgeklärtheit". Sie habe eine Sprache und einen Ton finden wollen, der sowohl den Schalk der Großmutter zeige als auch das Verzagen, Zaudern und Zweifeln zulasse.
(mfu)