Wie erklärt man das einem Kind?
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Nach Katastrophen wird unsere Kakadu-Redaktion oft mit der Frage konfrontiert: Wie redet man mit Kindern darüber? Redakteur Roland Krüger rät nach dem Anschlag in Berlin, das Gespräch zu suchen: "Die Kinder kriegen es sowieso mit." Man dürfe auch als Erwachsener sagen: Mir macht Angst, was da passiert ist.
Herzlich willkommen Roland Krüger, Redakteur unserer Kindersendung Kakadu! Die Angst, es könnte einen selbst treffen, kennen wir auch als Erwachsene. Wie kann man sie Kindern nehmen?
Man kann zunächst sagen, dass Angst etwas ganz Normales ist und dass sie dazu führt, dass man sich in Sicherheit bringt. Gestern wird es sicher sehr viele schlimme Geräusche gegeben haben, als der Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt fuhr. Dass man aus Angst zum Beispiel wegläuft, dieser ganz normale Fluchtimpuls, der ist völlig richtig. Man darf auch als Erwachsener sagen: Mir macht das Angst, was da passiert ist. Aber ich weiß genau, dass das jetzt nicht gleich wieder passiert. Ich würde zum Beispiel nie ein Kind auf einen Weihnachtsmarkt zwingen. Wenn das Kind sagt, es hat Angst, weil es die Bilder gesehen hat, weil es davon gehört hat, dann lässt man es lieber.
Wie erklärt man Kindern einen Terroranschlag?
Man erklärt, was passiert ist. Das muss man ihnen ganz ehrlich sagen. Man versucht, das so zu erklären, dass man eben keine Ängste schürt. Man erklärt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass man als Mensch einem solchen Attentat zum Opfer fällt. Man stellt Vergleiche an und kann dabei auch ein positives Beispiel wie den Lottogewinn heranziehen: Einer gewinnt den Sechser im Lotto, aber wie wahrscheinlich ist das eigentlich.
Wie vermitteln Sie das Ereignis in Berlin zum Beispiel in den Kakadu-Nachrichten?
In den Nachrichten bringen wir einen kleinen Zusammenschnitt der Ereignisse, was gestern passiert ist, für die Kinder so zwischen 6 und 12, die uns hören. Wir suchen Originaltöne heraus, die "unblutig" sind, die das nicht so aufbauschen. Wir erzählen eben, dass ein Lastwagen über einen Weihnachtsmarkt gerast ist und dass der mit Absicht dahin gelenkt wurde. Und dann ordnen wir in den Nachrichten ein, dass das nicht überall passiert. Wir sagen, dass die zirka 2500 Weihnachtsmärkte in Deutschland alle noch besser gesichert werden und dass gestern auf 2499 Weihnachtsmärkten nichts passiert ist. Und dann machen wir mit anderen Nachrichten weiter.
Sollte man mit Kindern bewusst das Gespräch darüber suchen oder warten, dass sie es selbst thematisieren?
Die Kinder kriegen es sowieso mit. Sie laufen durch die Stadt, sie sehen fern, sie sehen Schlagzeilen in Zeitungen. Verheimlichen wäre ganz falsch! Dabei wäre es sicher besser, zu warten, bis Kinder Fragen stellen, weil das ist dann der Moment, in dem sie das bewegt. Aber wenn man das Gefühl hat, sie sitzen nach einer Nachrichtensendung sehr ruhig herum und trauen sich nicht, etwas anzusprechen, dann man kann natürlich die Initiative ergreifen. Wenn Kinder kommen und Fragen haben, sollten diese möglichst offen und ehrlich mit nicht zu viel Emotionen und sachlich beantwortet werden. Aber wir sollten als Erwachsene nicht so tun: Du musst Dir gar keine Sorgen machen! Das nehmen Kinder nicht ernst. Wir müssen Ängste ernst nehmen und wir können sagen, dass wir nicht alles wissen.
Können Kinder das räumlich einordnen, dass es in ihrer Stadt, in ihrem Land passiert, in dem sie leben?
Ein Kind, das plant, mit seinen Eltern auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, wird das mehr beschäftigen, egal ob es in Berlin-Marzahn, Stuttgart oder sonst wo wohnt. Experten sagen, bei Kindern ist immer wichtig, wie sie etwas erleben und nicht so sehr, wie dicht das dran ist. Für Kinder ist Berlin, Nizza oder New York erst mal gleich weit weg.
Angst vor Terror - Gespräch mit der Psychologin Katrin Streich in der Sendung Kakadu (4 min.)