Ansteckungsgefahr bei Nutztieren

Corona und das liebe Vieh

05:33 Minuten
Ein Züchter hält ein Ferkel in der Hand, was in die Kamera schaut.
Können Schweine Corona kriegen? Das hat das Bundesinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems bei Greifswald untersucht. © picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Von Silke Hasselmann |
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Katzen und Hunde können sich mit dem Coronavirus infizieren. Doch gilt das auch für Nutztiere wie Hühner, Puten oder Schweine? Diese Frage untersucht das Friedrich-Loeffler-Institut bei Greifswald. Erste Ergebnisse liegen bereits vor.
"Wir bekommen eine ganze Menge von E-Mails, wie Sie sich vorstellen können. Wobei die Kritik sich sehr generell gegen Tierversuche wendet", sagt Thomas Mettenleiter. Auch in in Coronazeiten richten Tierschützer ihren Protest gegen das Friedrich-Loeffler-Institut. Aber, so schränkt er ein:
"Ich glaube, es ist immer noch so, dass beim überwiegenden Teil der Bevölkerung deutlich wird, warum wir diese Versuche machen."
Tatsächlich experimentieren die Forscher auf der von der Außenwelt streng abgeschotteten Insel Riems bei Greifswald ständig mit Krankheitserregern aller Art. Im März begannen Testreihen mit Schweinen, Hühnern, Frettchen und mit Nilflughunden, einer Fledermausart. Man wollte zunächst herausfinden, wie empfänglich diese Tierarten für das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 sind, das zu den Humanviren zählt. Die Wissenschaftler infizierten die Tiere in Hochsicherheitslaboren und stellten dann in den Sonderställen nichtinfizierte Tiere daneben:
"Bei den Empfänglichkeitsversuchen mit Ausnahme der Hühner – da waren es höhere Zahlen – infizieren wir immer neun Tiere und stellen dann drei Tiere als sogenannte 'Kontakttiere' dazu, um die Übertragung zu testen."

Tests an Rindern stehen noch aus

Der derzeitige Erkenntnisstand, in den auch Forschungsergebnisse aus China und Nordamerika einfließen: Von gefiederten Nutztieren wie Huhn, Ente, Pute habe sich keines als empfänglich für das neue Coronavirus erwiesen, so Thomas Mettenleiter.
"Das Gleiche gilt für Schweine. Die sind an drei verschiedenen Institutionen getestet worden und an keiner hat das zu einer Infektion geführt. Das heißt, diese Tiere sind offensichtlich nicht empfänglich für diese Infektion. Das heißt, sie können sie dann auch nicht weiterverbreiten und können den Erreger nicht vermehren. Das ist der gegenwärtige Stand der Wissenschaft."
Luftaufnahme der Insel Riems mit dem Friedrich-Loeffler-Institut
Am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems werden Nutztier-Krankheiten erforscht.© imago /Jens Koehler
Das zu wissen hilft den landwirtschaftlichen Tierhaltern - ob Unternehmer großer Tieranlagen oder Bauern nur wenigen Tieren. Rückschlüsse auf Milchvieh und Rinder können daraus nicht gezogen werden, weshalb auf der vorpommerschen Insel Riems schon bald eine weitere Testreihe mit sechs infizierten und drei Kontrolltieren anlaufen wird.

An Frettchen einen Coronaimpfstoff testen

Derweil wollen die Forscher vor allem dabei helfen, einen wirksamen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln. Das ist jene oftmals leicht, mitunter aber auch schwer bis tödlich verlaufende Krankheit, die sich aus einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus entwickeln kann.
"Das ist ein erster Test im Tierversuch", sagt Institutsdirektor Mettenleiter und meint damit die nun anlaufende erste Impfprüfungsreihe mit Frettchen.
Die bis Ende April laufenden Empfänglichkeitstests hatten ergeben, dass sich diese Marderart dafür besonders gut eignen würde, denn es zeigte sich, dass sich Frettchen vom Coronavirus anstecken lassen und dass sie ihn im oberen Atmungstrakt vermehren. Zwar erkrankte keines der Versuchstiere an Covid-19. Doch auch so sei diese Art sehr gut für die erste Impftestreihe geeignet, erklärt Institutsdirektor Mettenleiter:
"Das Frettchen als ein Tier, das den Erreger vermehrt, ausscheidet, überträgt, ist ein gutes System um zu testen, welchen Einfluss eine Impfung auf genau diese Parameter hat. Das heißt: Ist ein geimpftes Tier nicht mehr in der Lage das Virus zu vermehren oder auszuscheiden, oder die Übertragung findet nicht mehr statt, dann kann man schon Einschätzungen geben, was der Impfstoff möglicherweise auch in der Weiterentwicklung leisten kann."

Von den Erfahrungen mit Influenza lernen

Die Riemser Wissenschaftler arbeiten dafür mit Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität München zusammen, die zunächst einen Impfstoff gegen das MERS-Virus entwickelt und diesen nun so verändert haben, dass er gegen das Coronavirus Sars-Cov-2 wirken könnte.

Dass Tiere, in diesem Fall 30 Frettchen, für die Versuche mit sogenannten 'Kandidatenimpfstoffen' herhalten müssen, ist für Thomas Mettenleiter und seine Mitarbeiter am Bundesinstitut für Tiergesundheit ohne vernünftige Alternative.
Ein Frettchen sitzt in seinem Gehege.
Thomas Mettenleiter hält die Versuche an Frettchen für unumgänglich. © picture alliance / dpa / Jonas Walzberg
"Was man bei Menschen nicht machen kann, ist eine experimentelle Belastungsinfektion, wie wir das nennen: Nach der Impfung den Impfling infizieren und sehen, wie sich die Impfung auf die Infektion auswirkt. Das verbietet sich experimentell beim Menschen. Beim Tier lässt sich so was dann natürlich auch durchführen, und wir können daraus die Schlussfolgerungen ziehen."
Was immer dabei herauskommt: Eins zu eins werde man die Wirkung des getesteten Impfstoffes nicht auf Corona-infizierte Menschen übertragen können, ergänzt Thomas Mettenleiter und wagt zugleich einen Blick auf dem Umgang mit Grippeviren.
"Natürlich ist ein Frettchen kein Mensch. Aber aus den Erfahrungen, die wir gewonnen haben u.a. bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Influenza können wir schon zumindest Rahmenbedingungen ableiten, die möglichweise helfen den Impfstoff weiterzuentwickeln."
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