Debatte über ein neues Erdzeitalter: Leben im Anthropozän – eine Sommerreihe im Deutschlandfunk Kultur:
Der Mensch hat so stark in die ihn umgebende Natur eingegriffen, dass viele Wissenschaftler heute von einem neuen Erdzeitalter sprechen, dem Anthropozän. "Was heute passiert", so Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber, "ähnelt dem Asteroideneinschlag an der Kreide-Paläogen-Grenze". Er spricht von einem "kollektiven Selbstmordversuch" angesichts des Tempos, mit dem der Planet übervölkert und übernutzt werde.
Der Mensch ist im Anthropozän mit Phänomenen konfrontiert, die ihm völlig neu sind. Daraus ergeben sich grundlegende Fragen: Können wir mit unserem im Holozän erworbenen intellektuellen Fähigkeiten das Anthropozän verstehen? Und können wir auf die damit verbundenen Herausforderungen auch wirksam reagieren?
"Wir müssen anerkennen, dass wir die Erde verändert haben"
Technikhistoriker Helmuth Tischler fordert, sich globale Umweltgerechtigkeit als Ziel zu setzen. Es gehe darum anzuerkennen, dass der Mensch ein geologischer Akteur sei – und aus dieser Verantwortung heraus zu versuchen, Lösungen zu finden.
Die Menschheit hat auf der Erde ihren Fingerabdruck hinterlassen: Das natürliche Erscheinungsbild unseres Heimatplaneten hat sich in den vergangenen Jahrhunderten durch das Zutun des Menschen dramatisch verändert. Diese Veränderungen sind so gravierend, dass viele Forscher von einem neuen Erdzeitalter sprechen, dem Anthropozän.
Das Deutsche Museum widmete diesem Menschenzeitalter vor einigen Jahren eine Sonderausstellung. Mit der Ausstellung "Willkommen im Anthropozän. Unsere Verantwortung für die Zukunft der Erde" war das Museum Vorreiter darin, dass Thema der Öffentlichkeit nahe zu bringen. Diese Woche widmet sich unser Programm dem Anthropozän in einer Reihe von Beiträgen als Schwerpunktthema.
Geologischer Akteur
"Wir müssen anerkennen, dass wir die Erde verändert haben", sagte der Technikhistoriker Helmuth Trischler, verantwortlich in der Museumsleitung des Deutschen Museums München für den Bereich Forschung, im Deutschlandfunk Kultur. Es gehe darum anzuerkennen, dass der Mensch ein geologischer Akteur sei. Aus dieser Verantwortung heraus müsse man heute versuchen, Lösungen zu finden. Dabei gehe es darum, vorwärts zu denken und sich vom Stillstandsdenken zu verabschieden. Dafür reiche das Nachdenken über Nachhaltigkeit nicht mehr aus.
Leben mit Technikkatastrophen
Viele der angeblichen Naturkatastrohen seien von Menschen geschaffene Katastrophen. "Das ist die Neo-Natur, die wir geschaffen haben", sagte der Museumsmann. Wenn man tatsächlich die Technikkatastrophen zeige, könnte das den Blick dafür schärfen, dass Menschen diesen Wandel verursacht hätten, der jetzt auf sie zurückschlage. Trischler appellierte an das Gewissen und sagt, man müsse sich die globale Umweltgerechtigkeit stärker bewusst machen. (gem)