"Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!"
"Politisch korrekt" ist für Rechtskonservative in den USA eine Art Kampfbegriff. Damit stempeln sie Menschen ab, die versuchen, Diskriminierungen abzubauen. Wissenschaftlerinnen diskutieren in Berlin über diese Anti-Political Correctness-Bewegung.
Unter dem Titel "Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!" beraten an der Humboldt Universität Berlin Wissenschaftler über den Anti-Political Correctess Aktivismus. Hinter dieser Anti-Political Correctness verbergen sich Stimmen und Positionen, die sagen, dass Politische Korrektheit "eine Art Gänglung, eine Zensur, eine so totalitäre Form von Sprechverboten sei, gegen die man eben agieren müsse", so Paula-Irene Villa, Professorin für Soziologie und Gender Studies an der Ludiwg-Maximilians-Universität in München, die als Expertin für Gender Studies an der Tagung teilnimmt.
Zu finden seien die Vertreter dieser Anti-Political Correctness auf der ganzen Breite des politischen Spektrums, aber hauptsächlich im rechten, populistischen Spektrum, so Paula-Irene Villa. Vermehrt - sowohl in Deutschland als auch in den USA - seien diese Stimmen in den Medien zu hören und dort in ganz verschiedenen Formen zu finden:
"Das ist das Feuilleton, das sind viele Blogs, sehr viel gelesene, vor allem Social Media Artikulationen. Es ist auch manchmal im Kontext von bestimmten Parteien. Ich würde zusammenfassend sagen, überall dort, wo sich autoritäre Muster der Rede zeigen. Da findet man auch immer wieder dieses Gespenst, dieses Fantasma oder eben diese Kritik an political correctness."
Die Gender Debatte zeigt, was mobilisiert und für Aufregung sorgt
Die Politische Korrektheit, die gegen Sexismus und Rassismus vorgeht, sei aber auch in Geschlechter-Fragen mittlerweile sehr präsent:
"Gender beinhaltet, dass wir mit Geschlechtlichkeit selber umgehen, dass es Teil unserer sozialen Wirklichkeit ist, und nicht einfach nur in einem ganz naiven Sinne natürlich gegeben, und damit hat es sich. Und diese Einsicht führt auch dazu, dass wir aufmerksamer geworden sind dafür, wie sich Weiblichkeiten und Männlichkeiten vervielfacht haben. Diese Sensibilität dafür, diese Aufmerksamkeit dafür, diese Anerkennung davon, das nehmen bestimmte Positionen wahr als PC, dass man also nicht einfach sagen kann: Die Frau ist... und der Mann ist..., und wir wissen Bescheid."
Die dadurch entstehende Verunsicherung erzeuge die Wahrnehmung, dass es nicht mehr so leicht sei, über Geschlecht zu sprechen. Man kann zwar nicht genau sagen, wer bestimmt, was als politisch korrekt oder anti-political correct gilt, aber die Diskussion über Anti-Political Correctness zeige, welche Themen - darunter auch die Gender-Debatte - mobilisieren und aufregen.
Zuhören, ernst nehmen und diskutieren
Mit der AfD sei nun eine Partei im Bundestag, deren Politiker sich zu "Helden der Meinungsfreiheit" stilisiert hätten. Diese Anti-PC-Rethorik, so Paula-Irene Villa, spräche auch über die AfD hinaus viele Leute an und bekomme dadurch mehr Raum. Deshalb sei die Diskussion darüber auch so wichtig. Widersprüchlich sei dabei, dass viele Vertreter von Anti-PC-Positionen sich besonders aufregten, wenn sie wiederum ihre eigene Persönlichkeit angegriffen sähen:
"Das ist ein Paradox, das wir allgemein mit autoritären, fundamentalistischen Politikformen haben in der Demokratie: Sie nutzen demokratische Mittel, um anitdemokratisch zu sein."
Daher müsse man diese Anti-Political Correctness Aktivisten ernst nehmen und zwar so sehr, wie sie es selber gar nicht erwarten. Mit ihnen zu diskutieren beweise, dass die Gesellschaft politisch gar nicht so korrekt ist, wie sie es eben behaupten, denn schließlich würden selbst sie mit ihren Anti-Political-Correctness-Äußerungen auch gehört werden.