Ferda Ataman
Die aktuelle Diskussion um Ferda Ataman zeige, dass sie in der Vergangenheit vieles richtig gemacht hat, sagt die Sozialpsychologin Janine Dieckmann. © picture alliance / photothek / Janine Schmitz
Ohne Anecken geht es nicht
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Die Publizistin und Politologin Ferda Ataman soll Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes werden. Doch es gibt harsche Kritik an ihr. Dadurch werde die dahinterliegende Debatte verdeckt, findet die Sozialpsychologin Janine Dieckmann.
Seit vier Jahren ist der Posten der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nicht besetzt. Am 15. Juni hat das Kabinett die Publizistin und Politologin Ferda Ataman für diesen Posten vorgeschlagen, ihre Wahl steht indes noch aus. Denn es hagelt Kritik von der Opposition, im Netz und nun auch von der FDP.
Wie beleidigend ist Kartoffel?
„Eine krasse Fehlbesetzung“, lautet das Urteil des parlamentarischen Geschäftsführers der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller. Ataman sei vor allem mit verbalen Ausfällen gegenüber Menschen ohne Migrationshintergrund aufgefallen.
Bei der Union, aber auch in der FDP begründet man die Kritik an der designierten Diskriminierungsbeauftragten mit früheren Äußerungen Atamans. So hatte sie vor zwei Jahren in einer viel diskutierten "Spiegel"-Kolumne die Bezeichnung "Kartoffel" für Deutsche ohne Migrationshintergrund verteidigt.
Ferda Ataman wurde 1979 geboren. Die Politologin, Publizistin und Expertin für Diversität hat unter anderem im Integrationsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen gearbeitet und als Referatsleiterin der Antidiskriminierungsstelle. Außerdem hat sie den Mediendienst Integration sowie die Plattform „Neue Deutsche Medienmacher“ aufgebaut.
Die Aufregung über die Begrifflichkeit sei lächerlich, sagt Janine Dieckmann. Die Sozialpsychologin ist wissenschaftliche Referentin und Bereichsleitung "Diversität, Engagement & Diskriminierung" am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena. Denn bei dem Streit um das Wort Kartoffel gehe es eigentlich um eine dahinterliegende Debatte. „Wenn es nur um diesen Begriff geht, dann wird ganz vieles nicht diskutiert und nicht verstanden.“
Viele Dimensionen der Diskriminierung
Wenn man auf die 18-jährige Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes schaue, werde deutlich, dass Diskriminierung in Deutschland in vielen Dimensionen und auf unterschiedlichen Ebenen stattfinde. Das betreffe auch Institutionen und Behörden, erläutert Dieckmann. „Das führt dazu, dass Menschen, die einer vermeintlichen gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen, im Alltag oder in ihrer Biografie Abwertungs- und Ausschlusserfahrungen machen.“
Die aktuelle Diskussion um Ferda Ataman zeige, dass sie bereits in der Vergangenheit vieles richtig gemacht hat, ist Dieckmann überzeugt. „Es ist logisch, dass es Abwehr gegen Antidiskriminierungsarbeit gibt.“ Denn diese stellt „traditionelle Denkmuster und Handlungsroutinen infrage“.
(rzr)