David Engels: Auf dem Weg ins Imperium - Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der Römischen Republik
Europa Verlag, München 2014
544 Seiten, 29,99 Euro
Rom in Trümmern - folgt bald die EU?
In seinem Buch "Auf dem Weg ins Imperium" vergleicht der Historiker David Engels den Untergang der römischen Republik mit der aktuellen Krise der Europäischen Union. Einige seiner Parallelen sind erstaunlich - und beängstigend.
Der belgische Historiker David Engels, Jahrgang 1979, bekleidet seit sechs Jahren den Lehrstuhl für Römische Geschichte in Brüssel. Nun vergleicht er in einem mehr als 500 Seiten dicken Buch das römische Imperium in den Jahren vor seinem Untergang mit der aktuellen – gesellschaftlichen und politischen - Situation in der Europäischen Union.
In der Sendung "Lesart" hat Joachim Scholl mit ihm über einige zentrale Thesen mit ihm gesprochen.
Insgesamt zieht der Althistoriker zwölf Punkte heran, bei denen er Parallelen zwischen den alten Römern und den heutigen Europäern sieht. Eine davon betrifft das Thema Einwanderung und Toleranz.
Engels zog in der Sendung folgenden Vergleich: "Im Bereich Toleranz zum Beispiel äußert sich das doch ganz stark in der zunehmenden Überfremdung in gewisser Hinsicht in unserer Gesellschaft – wie auch der römischen Gesellschaft.
Man sieht in Rom zum Beispiel eine ganz starke Einwanderung von Leuten aus Syrien, Ägypten, Kleinasien et cetera, die auch mehr und mehr doch die kulturelle Identität der Hauptstadt verändern und natürlich auch bei den Mitbürgern auf gewisse Skepsis irgendwie stoßen.
Auch da tritt natürlich das Problem der Sozialfürsorge und Kriminalität ganz stark in den Vordergrund. Und diesen Diskurs kennen wir natürlich auch in der Gegenwart. Das scheint ja auch einer der beängstigenden Zukunftsfaktoren zu sein."
"Staatenorganisation, der es auf den Schutz der eigenen Kultur ankommen sollte"
In seiner Untersuchung spricht er auch von einem "fehlgeleiteten Multikulturalismus" in unserer Gesellschaft und proklamiert stattdessen eine Stärkung der europäischen Identität und ein engeres Zusammenrücken der europäischen Nationen. Im Interview vertrat er die Ansicht,
"dass also die einzige Rettung, die noch besteht für die verschiedenen europäischen Nationen ein engerer Zusammenschluss ist, eine Stärkung der Europäischen Union, aber vor allen Dingen natürlich auch der Appell an die Europäische Union, sich zunehmend weniger als Schritt zum Weltstaat zu verstehen oder als Menschheitsbeglückungsorganisation, sondern ganz wesentlich als Staatenorganisation, der es auf den Schutz der eigenen Kultur und vor allen Dingen des eigenen geografischen Gebietes ankommen sollte."
Persönlich sei er "ziemlich pessimistisch" im Hinblick auf unsere Zukunft und glaube, dass wir nicht mehr viel Spielraum haben. Dabei bezieht er sich auf statistische Erhebungen, etwa des Statistischen Amts der Europäische Union.
"Mir geht es einfach nur um die Parallelisierung von Gesellschaftssituationen"
David Engels reagierte auch auf Kritik an diesem Pessimismus und argumentierte:
"Mir geht es einfach nur um die Parallelisierung von verschiedenen Gesellschaftssituationen. Und es ist natürlich klar und auch verständlich, dass gerade Deutschland mit seiner belasteten Vergangenheit und vor allen Dingen auch mit seinem gegenwärtigen Hang, diese Vergangenheit doch immer sehr stark in das Zentrum auch des politischen Diskurses zu setzen, viele Aussagen über Zeitphänomene unangenehm berühren können.
Aber die Tatsachen sind da, und das Buch geht ja auch nicht von einer Wertung aus oder von irgendwelchen Eindrücken, sondern eigentlich wesentlich davon zu zeigen, was der europäische Bürger – und nicht unbedingt der deutsche Bürger – im Schnitt über seine Gesellschaft denkt."
Engels Appell ging dahin, dass sich die europäischen Nationen auf ihre gemeinsame Geschichte besinnen sollten – auf die europäische Identität, die "uns alle verbindet, von Lissabon bis Wladiwostok" – und daraus mehr Solidarität untereinander ableiten.
Als gemeinsame Erfahrungen nannte er die mehr als 1000 Jahre alten prägenden Erlebnisse durch das Christentum, die Reformation, den technologischen Fortschritt, die Aufklärung oder auch Imperialismus und Kolonialismus mit den daraus resultierenden Schuldgefühlen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.