Antiquariat "Gibert"

Der Büchertempel von Paris

Ein Kunde im Buchladen Gibert Jeune im Viertel Saint-Michel in Paris betrachtet die Bücher.
Die Buchhandlung "Gibert" blickt auf eine lange Geschichte zurück: Monsieur Joseph Gibert begann 1886 mit dem Verkauf von Büchern in Paris. © AFP / Hugo Mathy
Von Martina Zimmermann |
"Gibert" ist einer der größten und außergewöhnlichsten Buchläden von Paris. In verwinkelten, eng gestellten, unendlich wirkenden Regalreihen liegen nicht nur neue, sondern auch gebrauchte Bände.
An den vier Kassen stehen Menschen jeden Alters und aller Hautfarben Schlange. Eine Mutter von drei Kindern trägt eine riesige Tasche voller Bücher.
"Wir wissen nicht mehr wohin damit, in Paris haben wir nicht viel Platz in den Wohnungen. Das Bücherregal ist zu voll, und es warten bereits Bücher auf dem Boden."
"Wir prüfen in welchem Zustand die Bücher sind, wie viele wir davon im Vorrat haben und ob die Abteilung welche brauchen kann ..."

Literatur, Poesie, Krimis

Nachdem Tifène an der Kasse die Bücher eingescannt hat, kommt sie zu dem Ergebnis: 128 Euro für den Stapel. Das Geld wird auf Wunsch entweder als Gutschein für neue Bücher oder in bar ausbezahlt.
In den Buchhandlungen am Platz Saint Michel werden die gebrauchten Bücher dann verkauft. Sie liegen, mit einem kleinen Aufkleber versehen, ganz oben auf dem jeweiligen Buchstapel, die druckfrischen Exemplare befinden sich darunter zum Neupreis. Es gibt Werke für Schule und Studium, aber auch Literatur, Poesie oder Krimis. Der 19-jährige Politikstudent Adrien steht vor dem Regal "Poesie":
"Diese Bücher kosten neu oft 15 Euro oder mehr. Das ist teuer. Hier findet man Poesie für vier, fünf oder sechs Euro."
Pascal, ein Lehrer aus Südfrankreich, steht glücklich vor dem Kinoregal:
"Ich fand ein Buch über James Dean für 3,50 Euro, das ist ein Sammlerobjekt. Ein Schnäppchen!"

Blühende Geschäfte seit über 130 Jahren

Der Verkauf von gebrauchten Büchern ist eine Erfindung des Literaturprofessors Joseph Gibert, der vor über 130 Jahren in Paris das blühende Geschäft begründete. Noch heute macht der Verkauf der gebrauchten Bücher über ein Drittel des Umsatzes aus. Generaldirektor Frank Ferrière begann 1979 als Buchhändler bei "Gibert Jeune". Er erinnert sich, wie damals die Kunden zum Schuljahresbeginn Schlange standen bis Notre-Dame:
"Wir achteten sehr darauf, dass es keine Unfälle gab, denn auf dem Boulevard herrscht viel Verkehr mit Taxen, Bussen und Autos. Da stellte die Polizei Barrieren auf wie am Nationalfeiertag. An den beiden Samstagen nach Schuljahresbeginn war eine Polizeistaffel im Einsatz. An diesen Tagen leitete der Dirketor von Gibert Jeune nicht nur seinen Laden und sein Personal, sondern auch die Spezialeinsatzkräfte, die fragten, wo sie sich hinstellen sollten."
Damals kamen die Eltern mit ihren Sprösslingen, um Schulbücher zu kaufen. Inzwischen stellen die staatlichen Schulen das Material, und es ist ruhiger geworden in den Buchhandlungen. Für zusätzliche Bücher kommen die Gymnasiasten selbst mit Kreditkarten, ansonsten tummeln sich Leseratten und solche, die es werden wollen. Diese Kundschaft mag Béatrice Leroux, die seit 25 Jahren im Bereich Literatur arbeitet:
"Wer einen Roman kauft, hat ein Plus: Er hat Kultur. Wenn Sie ein Paar Schuhe kaufen, brauchen Sie nicht viel zu wissen. Wer einen Roman sucht, ist oft belesen."
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