Auch der Philosoph Immanuel Kant steht zur Debatte
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Nach den Antirassismus-Protesten weltweit hofft der Historiker Michael Zeuske auf einen kulturellen Wandel. Auch in Deutschland müsse über historische Persönlichkeiten wie den Philosophen Immanuel Kant neu diskutiert werden.
Auch an diesem Wochenende wird europaweit gegen Polizeigewalt und Rassismus demonstriert. "Black Lives Matter", heißt es in London, Paris und Berlin. In der englischen Stadt Bristol wurde vor einigen Tagen die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston vom Sockel gerissen und symbolisch ins Hafenbecken geworfen. Von dort legten die meisten Sklavenschiffe ab.
Darüber, ob man diese Statue entfernen sollte, sei in Bristol zwar schon seit geraumer Zeit diskutiert worden, aber eher in einem kleinen Kreis von Interessierten und Betroffenen. Doch jetzt handle es sich um eine breitere Bewegung, sagt der Historiker Michael Zeuske, Professor an der Universität Bonn. Von ihm stammt das Buch "Sklaverei – eine Menschheitsgeschichte".
Tiefgreifender kultureller Wandel
"Ich hoffe, dass sich das nicht wieder verläuft und eine kulturelle Revolution angestoßen wird", sagt Zeuske. "Da steht möglicherweise ein tiefgreifender kultureller Wandel in unseren Gesellschaften an." Doch Historiker seien keine Prognostiker, sondern eher rückwärtsgewandte Propheten.
Seit Jahren weise er darauf hin, dass es auch heute noch sklavereiähnliche Verhältnisse, Sklavereiarbeit und Rassismus gebe, so Zeuske. Der Rassismus sei nach der Abschaffung der Sklaverei sogar noch schlimmer geworden.
Auch Immanuel Kant hinterfragen
Vom Sklavenhandel hätten auch deutsche Kaufleute wie der Händler Heinrich Carl von Schimmelmann (1724-1782) profitiert. "Da ist relativ klar nachzuweisen, dass der eben Sklavenhändler, Sklavenhalter und Profiteur des Sklavenhandels war."
Wenn man es aber ernst meine mit der Aufklärung von Rassismus und dem Stürzen von Denkmälern, müsse man auch solche Geistesgrößen wie den Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) in den Blick nehmen. Er habe in seinen anthropologischen Schriften den europäischen Rassismus mitbegründet. Insofern gebe es noch einiges zu tun, sagt Zeuske.
(ckr)