Über seine Erinnerungen hat Claus Leggewie ein Buch geschrieben:
"Politische Zeiten. Beobachtungen von der Seitenlinie"
Bertelsmann, München 2015
480 Seiten, 24,99 Euro
Angst, dass so etwas wieder passiert
"Jude" als Schimpfwort an deutschen Schulen, Hetzparolen, Diskussionen über No-Go-Areas: All das beunruhigt den Politikwissenschaftler Claus Leggewie. Antisemitismus drohe wieder salonfähig zu werden.
Hakenkreuzschmierereien an einer Synagoge in Köln 1950: Claus Leggewie war neun Jahre alt, als ihn das nachhaltig erschreckte. Wenn der Politikwissenschaftler heute zurückblickt, hat er das Gefühl, sich in einem "Zyklus" zu befinden, wie er sagt: Jahrzehntelang sei Antisemitismus ein Tabu gewesen. "Dass das heute wieder unter den verschiedensten Einflüssen - sei es von Neonazis, sei es von radikalen Islamisten, sei es von Anhängern der Pegida-Bewegung - gewissermaßen salonfähig gemacht wird, das ist schon erschreckend."
Es darf nicht wieder zu Gewaltakten gegenüber Minderheiten kommen
Dabei sei aus Deutschland nach dem Krieg doch "etwas geworden", die politische Kultur habe sich erheblich liberalisiert, so Leggewie. Doch es kämen Bedrohungen von innen und außen auf uns zu: "Wir müssen schauen, dass es nicht wieder zu Diskriminierungen und Gewaltakten gegenüber Minderheiten kommt. Wir müssen aufpassen." Im Moment werde in Europa - in der Ukraine - wieder Krieg geführt. "Jemand wie ich", sagt Leggewie, "der in Trümmern aufgewachsen ist, der hat natürlich immer irgendwie Angst, dass so etwas wiederkommen könnte."