Die gesamte Sendung mit Adam Soboczynski hören Sie hier:
Audio Player
"Zeit"-Journalist Soboczynski: Es kommt auf den Kontext an
Nach einem Auftritt des jüdischen Komikers Oliver Polak desinfizierte sich Jan Böhmermann die Hände. War das antisemitisch? Der "Zeit"-Journalist Adam Soboczynski sagt: Das werde heute anders beurteilt als noch vor wenigen Jahren. Woran liegt das?
In seinem kürzlich erschienenen Buch "Gegen Judenhass" schreibt Polak über Böhmermann: "Sein Gag war keiner, denn er hatte keine Pointe. Er bildete lediglich den Antisemitismus des Dritten Reiches ab."
Satire in einer anarchischen Sendung
Adam Soboczynski ordnet die in seiner Erinnerung sieben oder acht Jahre zurückliegende Szene so ein: Die Sendung sei anarchisch gewesen, voller Fäkalausdrücke, jede Minderheit sei von der Bühne gescheucht worden. Böhmermanns Händedesinfektion könne man antisemitisch deuten. Aber: "Es steht natürlich in einem bestimmten Kontext." Es sei darum gegangen, so etwas wie Antisemitismus und Diskriminierung von Minderheiten vorzuführen.
Harald Schmidt machte Polenwitze
Auch Harald Schmidt habe in dieser Zeit "einen nach dem anderen Polenwitz abgefeuert". Das sei krisiert worden, doch niemand habe das als wirklich dramatisch wahrgenommen: "Das hat sich einfach verändert, unsere Wahrnehmung." Die Gesellschaft sei mittlerweile stärker sensibilisiert: "Die Sensibilisierung kommt auch daher, ganz banal, dass wir einfach mit vielen sehr unangenehmen rechten Parteien nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten westlichen Welt konfrontiert sind und um uns herum. Dadurch wittern wir natürlich überall, dass das auch sehr leicht instrumentalisiert werden kann oder zum normalen Sprachgebrauch werden kann."
Grundsätzlich funktioniere Satire nie gänzlich, ohne dass man für einen Moment getroffen werde, so Soboczynski: "Aber sobald man den Kontext versteht und genau weiß, es geht um diesen anarchischen Übertritt, finde ich, kann man das akzeptieren." (bth)