Antonie Schneider (Text) und Julie Völk (Illustration): Ist Ida da?
Mixtvision Verlag, München 2017
32 Seiten, 14,90 Euro
Trübsinn in der perfekten Idylle
Antonie Schneider und Julie Völk haben ein wunderschönes Kinderbuch gemacht. "Ist Ida da?" erzählt vom Vermissen - und von der Freude, als Ida endlich auftaucht. Unsere Rezensentin Eva Hepper ist davon beeindruckt, wie sehr sich die beiden Autorinnen in Kinderseelen einfühlen können.
So ein schöner Garten! Die Obstbäume blühen, die Wiese ist sattgrün, überall sind Blümchen, und einen kleinen Teich gibt es auch. Dazu verteilen sich über die ganze Fläche fantastische Spielzeuge und Gerätschaften: eine Schaukel, ein Marionettentheater, ein Puppenwagen, Pappkrönchen zum Aufsetzen – und im Schatten eines Baumes steht ein Tisch mit vielen Stühlen drum herum und schönem Geschirr für den Kaffeeklatsch. Eine perfekte Idylle.
Tatsächlich aber herrscht der reine Trübsinn. Die Bewohner des Gartens hängen lustlos herum. Der Bär brummelt mit verschränkten Armen vor sich hin, der Hase weiß nichts mit sich anzufangen, der Frosch angelt teilnahmslos, Hund und Katze haben sich unter die Stühle verzogen, und von dem kleinen Wesen, das im Puppenwagen wohnt, ist nur noch der Schwanz zu sehen. Es ist vor Langeweile hintenüber gekippt.
"Ohne Ida ist alles nichts ..."
Die Illustration spricht Bände. Eigentlich bräuchte es die durch das Szenario mäandernden Buchstaben gar nicht: AAALLES LAAAANGWEILIG! Aber der Hinweis in der linken oberen Ecke ist aufschlussreich: "Ohne Ida ist alles nichts..." steht dort, ebenfalls in Versalien. Und mit einem Mal erklärt sich die Situation: Hier fehlt jemand. Und er fehlt sehr.
Es sind einfache Mittel, mit denen Antonie Schneider und Julie Völk ihre Geschichte über Freundschaft, Sehnsucht und das Warten erzählen. Die Autorin und die Zeichnerin brauchen dafür gerade einmal 32 Seiten, 22 Sätze und 17 Bilder. Aber mit nüchternen Zahlen lässt sich der Zauber ihres Kinderbuches (ab drei Jahren) kaum einfangen. Dahinter stecken vielmehr eine große Erzählfreude, Wortwitz und zeichnerische Könnerschaft.
Da ist zunächst Antonie Schneiders Lust am Spiel mit Buchstaben. Wenn sie beispielsweise immer wieder fragt: "Ist Ida da?" und befindet: "Nein, Ida ist nicht da." Oder: "Bin gleich da! Ida, steht da.", mutet das schon fast dadaistisch an. Ihre Sätze - manchmal auch nur der Name der Vermissten, mal mit Ausrufe-, mal mit Fragezeichen - treiben die Geschichte voran. Denn was auch passiert, Ida taucht einfach nicht auf.
Zart gestrichelte, detailreiche Tableaus
Getragen wird die Geschichte von den hinreißenden Zeichnungen der 1985 in Wien geborenen Julie Völk. Allein mit dem Buntstift entwirft die bereits mehrfach preisgekrönte Nachwuchsillustratorin ihre zart gestrichelten, detailreichen Tableaus. Geknickte Ohren, leere Blicke, Mit-den-Füßen-Stampfen oder angestrengt aufgestellte Lauscher vermitteln den ganzen Gefühlsmix der wartenden Tiere. Wie aus der öden Warterei schließlich Vorfreude und dann das Fest des Wiedersehens werden, setzt sie genial ins Bild.
Und wie sich die beiden Erzählerinnen in Kinderseelen einfühlen können! Man fühlt mit, wenn die geliebte Ida, die alles zum Leben erwecken kann, mit der sich schaukeln und angeln und tanzen lässt, so schmerzlich lange vermisst wird. Hier ist sie ein strahlendes Kind, aber genauso steht sie für unzählige Großmütter, Tanten und Spielgefährten, auf die man sich so freut, dass man nur noch die Sekunden zählt. Wie schön, dass man am Ende lesen kann: "Alles ist gut!