Antrittsvorlesung von AfD-Gründer Bernd Lucke

Im dritten Anlauf geglückt

06:13 Minuten
30.10.2019, Hamburg: Polizisten überwachen vor der Vorlesung von AfD-Mitgründer Lucke den Hörsaal der Uni Hamburg. Luckes Rückkehr an die Universität Hamburg hatte großen Protest ausgelöst. Seine ersten Vorlesungen wurden massiv gestört.
AfD und marktradikal - das war einmal, meint der Philosoph Wolfram Eilenberger. © picture alliance/Axel Heimken/dpa
Wolfram Eilenberger und Axel Schröder im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Dank Polizeischutz konnte AfD-Gründer Bernd Lucke heute seine Antrittsvorlesung an der Uni Hamburg halten. Wolfram Eilenberger begrüßt das: Die Freiheit der Lehre müsse unbedingt geschützt werden. Den Protestierern rät er: Erst informieren, dann protestieren!
Zweimal wurde die Antrittsvorlesung von AfD-Gründer Bernd Lucke an der Hamburger Universität wegen studentischer Proteste abgebrochen. Am heutigen Mittwoch konnte Lucke dank eines massiven Polizeiaufgebots in Hamburg über Makroökonomik sprechen. "Die Vorlesung findet statt", berichtet unser Korrespondent Axel Schröder, der vor Ort ist. Als normal könne man die Situation allerdings nicht bezeichnen: So sei das Gebäude mit rot-weißen Gittern abgesperrt, es seien Polizisten vor Ort und auch etwa 50 bis 70 Protestierer.
Der Philosoph Wolfram Eilenberger äußerte sich in unserer Mittagssendung "Studio 9" skeptisch zu den Protesten: Er habe noch kein schlüssiges Argument gehört, das Herrn Lucke das Recht verweigern sollte, an der Universität Hamburg über Ökonomie zu sprechen. Die Freiheit der Lehre sei "ganz massiv und wichtig" für unsere Gesellschaft und müsse mit allen Mitteln geschützt werden.

"Die ASta-Leute sollten sich besser orientieren"

Die Protestierenden hingegen sehen offenbar ihre Legitimation einerseits darin, dass Bernd Lucke Wegbereiter der heutigen AfD sei, andererseits indem sie eine Verbindung zwischen der autoritären Rechten und dem Prinzip des Marktliberalismus behaupten. Etwa auf einem Flugblatt, aus dem unser Korrespondent Axel Schröder zitiert:" 'Die Verbindung von klassischen Marktradikalen wie Bernd Lucke und autoritären Rechten in der AfD war und ist kein Zufall, sondern entspringt der gemeinsamen Anbetung von Auslese und Unterwerfung in Form von kulturell determiniertem Rassismus.'"
Nicht überzeugend, findet Eilenberger und rät: "Diese ASta-Leute sollten sich vielleicht ein bisschen besser orientieren, welchen Weg die AfD tatsächlich genommen hat."
06.06.2019, Nordrhein-Westfalen, Köln: Der Journalist Wolfram Eilenberger liest und diskutiert auf der 7. phil.cologne.
Wolfram Eilenberger© dpa Horst Galuschka
Denn von Marktliberalismus kann dem Philosophen zufolge gerade beim Höcke-Flügel der AfD keine Rede sein.
"Das ist ein völkischer, etatistischer gemeinschaftsgebundener Ansatz. Und dass Herr Lucke sich aus dieser Partei verabschiedet hat, dass er von diesem Tiger abgeworfen wurde, hat sehr viel damit zu tun, dass die AfD sich ganz weit weg entwickelt hat, fast konträr zu den Gründungsimpulsen von Herrn Lucke oder Hans-Olaf Henkel. Das war eine Anti-Euro-Partei, das war eine Marktpartei, die in der Tat liberale Prinzipien des Marktes in den Vordergrund gerückt hat", betont Eilenberger.
"Was wir jetzt haben, ist eine AfD, die Gemeinschafts-, die völkisches, die kollektives Denken und starke staatliche Regulierung dieses Marktes fordert. "
(uko)

Wolfram Eilenberger, geboren 1972, hat Philosophie, Psychologie und Romanistik studiert und ist Autor zahlreicher philosophischer Sachbücher. Der Publizist hat an der University of Toronto (Kanada), der Indiana University (USA) und an der Berliner Universität der Künste gelehrt. Eilenberger ist Gründungschefredakteur des Philosophie Magazins. Er ist zudem Mitglied der Programmleitung des Philosophie-Festivals phil.cologne und Moderator der Sternstunde Philosophie im Schweizer Fernsehen SRF. Eilenberger besitzt einen DFB-Trainerschein und schreibt seit 2015 die monatliche Fußballkolumne "Eilenbergers Kabinenpredigt" auf "Zeit Online".