Antworten von ganz oben

Von Bernd Sobolla |
Der US-Amerikaner Neale Donald Walsch wird häufig als "moderner Botschafter der Spiritualität" bezeichnet. Er hat in den letzten zwölf Jahren rund ein Dutzend Bücher geschrieben, von denen insbesondere seine "Gespräche mit Gott" Millionen Menschen auf der ganzen Welt gelesen haben. Die Verfilmung des Buches ist jetzt als DVD erschienen.
"Was haben sie Ihnen im Krankenhaus gesagt?"
"Dass ich mich in ein Paar Tagen besser fühlen sollte. Aber das jetzt fast einen Monat her."
"Wow. Anscheinend haben die etwas übersehen."
"Was?"
"Sie haben einen gebrochenen Halswirbel."

1990 in Portland im US-Bundesstaat Oregon: Der etwa 50-jährige Neale erlebt nach einem Autounfall den Abstieg: Er verliert seinen Job, seine Wohnung und sein soziales Umfeld. Verarmt landet er auf einem Campingplatz, wo sonst nur Obdachlose leben. Fortan verdient sich Neale sein Geld mit dem Sammeln von Aluminiumdosen, die er in den Müllkästen der Stadt sucht.

Zwei Jahre verbringt er so im Elend. Aber selbst jetzt erlebt er gelegentlich Momente der Hoffnung: Eine Frau steckt ihm an der Supermarktkasse ein Paar fehlende Dollar zu. Oder er liest ein Jobangebot in einer Zeitung, das schon so veraltet ist, dass es wieder aktuell ist. Für den Buchautor Neale Donald Walsch hat der Film "Gespräche mit Gott" zwei wesentliche Botschaften:

"Zum einen, dass Gott mit allen Menschen spricht, zu jeder Zeit. Du musst kein Heiliger oder Weiser sein, um ein Gespräch mit Gott zu führen. Und zweitens, dass jeder Mensch auf der Welt eine dramatische Veränderung in seinem Leben erfahren kann. Wenn er der Möglichkeit offen gegenüber steht, dass es mehr gibt als das, was die Augen sehen"

Als "Gespräche mit Gott" im Kino erschien, waren einige der Leser enttäuscht. Denn der Film erzählt hauptsächlich das Leben von Neale Donald Walsch, bevor er seine Gotteserfahrungen machte. Die eigentlichen Gespräche sind auf wenige Minuten im letzten Viertel des Films konzentriert.

"Hast du endlich genug? (…) Bist du jetzt bereit? Willst du wirklich eine Antwort auf all die Fragen, die du gestellt hast? Willst du mir nicht antworten? Du hast eine Menge Fragen gestellt. Du bist wütend. Und jetzt frage ich dich: Willst du wirklich eine Antwort auf all die Fragen, die du gestellt hast? Oder willst du nur Dampf ablassen. Das ist verrückt. Ich weiß, was du jetzt denkst. Und ich spreche mit allen immer in ihrer eigenen Stimme. Die Frage ist nicht, mit wem ich rede, sondern wer zuhört. Die Wahrheit wurde vom höchsten Berggipfel herunter geschrieen. Am allertiefsten Ort wurde ihr Vispern vernommen. In allen Bereichen menschlicher Erfahrung hallte diese Wahrheit wider. Liebe ist die Antwort (…)"

Einen besonderen Reiz erhält der Film dadurch, dass die Geschichte in einer Art Rückblende erzählt wird. Denn immer wieder sehen wir, wie Neale fünf Jahre später als Buchautor durchs Land tourt und Menschen begegnet.

"Was gefällt ihnen an meinem Buch?"

"Solange ich denken kann, war ich wütend auf meinen Vater. Ich will auf keinen Fall so tun, als ob inzwischen alles prima wäre. Denn mein Vater war bösartig und gemein. Ich habe ihn gehasst. Ich weiß, das sind starke Worte, aber wahr. Und dieses Buch,Ihr Buch hat mir nach 20 Jahren voller Wut und Verzweiflung endlich geholfen, meinen Hass loszuwerden und meinem Vater zu vergeben."

Der Film ist auch sonst bemerkenswert: Denn die Gespräche mit Gott beginnen nicht dann, wenn Neale ganz unten ist, so wie es Hollywood am liebsten hätte, sondern wenn er schon wieder etwas Boden unter den Füßen hat. Angenehm auch, dass Hauptdarsteller Henry Czerny keineswegs ein Star ist. Nur die Filmmusik kommt etwas zu rührselig daher.

Das Bonusmaterial bietet ein fast einstündiges "Making of…" in dem man unter anderem erfährt, dass sich für die Filmproduktion viele freiwillige Helfer fanden. Für die Teilnahme als Komparsen nahmen sich einige Buchfans sogar Urlaub, um dabei sein zu können. Und häufig regnete oder schneite es just in dem Moment, wenn die Filmemacher Schnee oder Regen brauchten.

Der Hintergrund von Neale Donald Walsch aber wird wenig beleuchtet: Kein Wort darüber, dass er sich schon lange vor seinem Unfall von Religion, Glauben und Spiritualität angezogen fühlte. Dass er die Bibel und Texte der Riga Veda und der Upanishaden-Sammlung aus Indien studierte. Das Interview mit ihm auf der DVD ist dennoch äußerst spannend. Besonders wenn es um seine persönlichen Einstellungen geht. So sieht Walsch zwischen seinen Erfahrungen und den Lehren der drei Religionen Judentum, Christentum und Islam zumindest einen großen Unterschied.

"Ich glaube, dass wir und Gott eins sind. Und die drei Hauptreligionen lehren das Gegenteil, nämlich dass Gott getrennt ist von uns. Und zweitens: Ich glaube, dass dieser Gott, der ein Teil von uns ist, uns nie verdammen oder verurteilen würde. Und diese drei Religionen lehren zumindest in gewissem Maße das Gegenteil."