Anwältin zum Glyphosat-Prozess

Risiken von Pflanzenschutzmitteln besser kalkulieren

05:59 Minuten
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf einem Feld in Hamburg, Deutschland
Bayer-Tochter Monsanto stellt das Pflanzenschutzmittel Glyphosat her. © imago stock&people
Miriam Saage-Maaß im Gespräch mit Miriam Rossius |
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In den USA wird ein weiteres Urteil zum Pflanzenschutzmittel Glyphosat erwartet. Nach Meinung der Menschenrechtsanwältin Miriam Saage-Maaß muss die Haftung des Herstellers Bayer für mögliche Gesundheitsschäden viel weiter gehen.
57 Milliarden Euro hat der Bayerkonzern für die Übernahme von Monsanto gezahlt und ist dadurch zum größten Agrarchemie-Konzern der Welt aufgestiegen. Aber ob der Deal eine so gute Idee war, bleibt abzuwarten. Denn mit Monsanto hat sich Bayer das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat und einen ganzen Berg an Klagen eingekauft.
Es geht um die Frage, ob Glyphosat Krebs verursacht. Die Wissenschaft ist sich uneins, aber ein US-Gericht hat den Konzern im letzten Sommer zu einer Schadenersatzsumme von fast 80 Millionen Dollar an einen Krebspatienten verdonnert. Das ist ein Rekord. Heute startet in San Francisco ein zweiter Glyphosat-Prozess gegen die Bayer-Tochter; er könnte eine weitere Klagewelle einleiten.

Bayer redet sich aus der Verantwortung

Nach Ansicht der Juristin Miriam Saage-Maaß könnte dieser Richter ähnlich urteilen wie der erste. Die Menschenrechtsanwältin vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) glaubt, dass das Urteil auch als Orientierung für europäische Kläger dienen könne. Zentral sei folgender Aspekt:
"Man muss zunächst mal sagen, dass Bayer immer behauptet, es bestehe kein relevantes Krebsrisiko, wenn Glyphosat sachgerecht angewendet wird. Dort, denke ich, setzen auch viele der Klagen an und muss auch die Kritik an Bayer ansetzen."
Denn weltweit - und somit auch dem Bayer-Konzern - sei hinreichend bekannt, dass Glyphosat in vielen Regionen eben nicht sachgerecht angewendet werde, etwa in Entwicklungsländern oder in jeder Region, in der nicht auf Arbeitsschutz geachtet werde, "sodass die Arbeiterinnen und Arbeiter gar nicht in der Lage sind, Glyphosat sachgerecht anzuwenden".

Gilt für den Hersteller auch die erweiterte Haftung?

Deshalb gehe es ausdrücklich auch um die Frage, ob Bayer nicht auch für die Gesundheitsrisiken bei nicht-sachgerechter Anwendung haften müsse, so Saage-Maaß. Dieses Prinzip sei in der Pharmabranche allgemein anerkannt.
Aus ihrer Sicht besteht dringender Handlungsbedarf bei der Politik: Zum einen müsse die Zulassung von Glyphosat neu überdacht werden. Zum anderen müsse die Politik sich fragen, ob es nicht ganz andere Prüfmaßstäbe in der Pflanzenschutzproduktion geben müsse, die genau auf die Risiken für die Anwenderinnen und Anwender schauten.
Darüber hinaus müssten ebenso die Risiken für indirekt Betroffene kalkuliert werden – etwa für Menschen, die in der Nähe von besprühten Feldern wohnten. "Da sind zur Zeit die Verschuldensmaßstäbe viel zu lasch."
(mkn)
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