Legendäre Sportarena

Wo Muhammad Ali boxte, kämpfen jetzt Hähne

06:28 Minuten
Menschen überqueren die Straße vor dem Araneta Coliseum in einem Vorort der Stadt Quezon, nordöstlich von Manila gelegen. Der "Big Dome" war vor fast 50 Jahren  der Austragungsort des epischen Schwergewichts-Boxkampfs "Thrilla in Manila" zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier im Jahr 1975, den Ali durch einen technischen K.O. in der 15. Runde gewann.
Im Araneta Coliseum, auch "Big Dome" genannt, fand vor fast 50 Jahren der legendäre "Thrilla in Manila" statt. Die Halle, die in einem nordöstlichen Vorort der philippinischen Hauptstadt steht, hat Platz für 16.000 Besucher. © dpa / picture alliance / Bullit Marquez
Von Felix Lill |
Audio herunterladen
Das Araneta Coliseum in der philippinischen Hauptstadt war 1975 Schauplatz des "Thrilla in Manila", des berühmten Schwergewichtskampfs zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier. Heute kämpfen dort andere Streithähne.
Der Lärm unter dem Dach dröhnt so sehr, dass man zuerst nicht weiß, was hier gerade passiert: Gibt es Streit? Ausschreitungen? Oder wilde Diskussionen? Jedenfalls gestikulieren Männer in allen Richtungen mit Geldscheinen in den Händen, während in der Mitte, in einem durch Plexiglas beschützten Ring, zwei Hähne freigesetzt werden. Und Mavelle Durian, die zu den Veranstaltern dieses Großereignisses gehört, erklärt, was hier passiert: "Der World Slasher Cup ist so etwas wie die Olympischen Spiele der Hahnenkämpfe. Er findet jedes Jahr hier statt, im Araneta Coliseum!"
epa01238627 A referee presides over a cockfight at the World Slasher competition at the Araneta Coliseum in Metro Manila's Quezon City, Philippines 29 January 2008. While the competition drew crowds of Filipino enthusiasts, protesters from the People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) picketed the venue and accused the event of torturing birds for sport. EPA/ROLEX DELA PENA
Der World Slasher Cup, die Olympischen Spiele der Hahnenkämpfe.© picture-alliance / dpa / Rolex_Dela_Pena
Die Halle ist gut gefüllt, die Besucher – fast alle von ihnen männlich – haben umgerechnet 23 Euro Eintritt gezahlt. Jetzt wetten sie Geld, einige um die 20 Euro, andere deutlich mehr, auf je eines der Tiere. Die Hahnenkämpfe haben eine jahrhundertealte Geschichte und zählen hier, in den Philippinen, zu den beliebtesten Sportarten - oder Hobbys - des Landes. So sei es auch kein Zufall, sagt Mavelle Durian, dass so ein Großereignis in dieser Arena stattfinde: "Hier gibt es alle möglichen großen Events. Sport, wie zum Beispiel Basketball und Volleyball, oder Konzerte von Popstars. Zuletzt waren One Republic hier. E-Sports-Meisterschaften gibt es hier auch. Und den World Slasher Cup natürlich."

Brutale Kämpfe im Araneta von Manila

Plötzlich ist es ruhig in dieser Halle, die an die 16.000 Personen fasst. Denn im Zentrum, hinterm Plexiglas, kämpfen nun zwei Hähne gegeneinander. Das Publikum bangt um die eben gemachten Wetteinsätze. Der Kampf ist brutal: An ihren Beinen sind die Hähne mit Klingen ausgestattet – wer das Duell überlebt, gewinnt. Wobei spätestens kurz nach den Kämpfen meist auch der Sieger stirbt.
Während Mavelle Durian durch die Halle führt, gibt sie zu, was sie persönlich von den Kämpfen hält:" Naja, geht so! Wenn ich mir die Tiere ansehe, fühle ich mich schlecht. Die Hähne tun mir leid."

Schauplatz des "Thrilla in Manila" - Ali gegen Frazier

Mavelle Durian kann das sagen, denn für das Veranstaltungsprogramm ist sie nicht verantwortlich – bloß dafür, dass das, was hier geschieht, reibungslos über die Bühne geht. Sie arbeitet für das Araneta Coliseum – und ist stolz darauf. Nicht nur, weil die Halle mit ihrem domartigen Dach und der zirkelrunden Tribüne ums Spielfeld spektakulär aussieht.
Überhaupt ist das Araneta Coliseum die legendärste Sportarena der Philippinen. Und dafür gebe es einen ganz konkreten Grund: "Ich würde sagen, das ist der 'Thrilla in Manila'. Das war das spektakulärste Ereignis hier. Im Geschichtsunterricht in der Schule wurde uns beigebracht, wie Muhammed Ali und Joe Frazier hier ihren Kampf ausgetragen haben. Später wurde hier in der Nähe sogar eine Shoppingmall nach Ali benannt."
Muhammad Ali grimaces as he exchanges blows with Joe Frazier, at left, in first round of their title bout at the Araneta Coliseum in Manila, Philipppines, October 1, 1975. The referee is Carlos Padilla. (AP Photo)
Einer der spektakulärsten Boxkämpfe aller Zeiten: Muhammad Ali, links, wird am 1. Oktober 1975 in der ersten Runde von Joe Frazier in die Seile gedrückt. Ali siegte am Ende knapp.© picture alliance / ASSOCIATED PRESS / mc
Im Innenraum der Arena ist das historische Datum verewigt. Weit über den Köpfen, die heute nervös in den Ring mit kämpfenden Hähnen schauen, hängt von der Decke ein riesiges Transparent herab. In weißer Schrift auf rotem Grund prangt da: „"Thrilla in Manila, 1. Oktober 1975". Dieser Kampf zwischen Muhammed Ali und Joe Frazier, den Ali in der 14. Runde gewann, gilt als eines der größten Duelle der Boxgeschichte. Beobachter bezeichneten es als lebensgefährlich, auch weil die Hitze und Luftfeuchtigkeit, mit der die Athleten außerdem zu kämpfen hatten, enorm gewesen sei.

Diktator Marcos profitierte

Für den Boxsport aber war gerade diese Agonie großartige Werbung. Ebenso profitierte Ferdinand Marcos Senior vom weltweit übertragenen Event. Denn indem er einen WM-Kampf des Boxschwergewichts in sein Land geholt hatte, sah sich der Diktator indirekt politisch legitimiert.
Philippines President Ferdinand Marcos, left, applauds as challenger Joe Frazier, right, makes some remarks about world champion Muhammad Ali, second from left, during their call on Marcos at the Malacanang Palace in Manila, Philippines, on Sept. 18, 1975. Between the two fighters is Marco's wife Imelda. (AP Photo/Jess Tan)
Präsident Ferdinand Marcos, links, applaudiert Herausforderer Joe Frazier bei einem Pressetermin im Malacanang Palace, 14 Tage vor dem WM-Kampf. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Jess Tan
Zehn weitere Jahre sollte es dauern, ehe Demokratieproteste Marcos aus dem Land jagten. Bis dahin hatte der "Thrilla in Manila" auch der Popularität eines Diktators genützt. Heute ist all das lange her. Die Arena ist in die Jahre gekommen, Boxduelle steigen hier aber weiterhin.

Hahnenkämpfe - Kultur-Spektakel oder Tierquälerei?

Die andere Konstante sind Hahnenkämpfe. Die Faszination daran erklärt ein Züchter, der in der Szene "Chuck Norris" genannt wird: "Du könntest vermuten, hier geht es einfach nur um zwei Hühner, die sich kabbeln. Aber das hier ist die wissenschaftlichste Sache, die ich je gesehen hab. Das Erste, was man beachten muss, ist die Blutlinie. Und die Art Hahn, die ein Besitzer züchtet, spiegelt dann auch seine Persönlichkeit wider."
Das mache die Faszination an den Hahnenkämpfen aus, sagt der 65-jährige.
In der Nachbarschaft der Philippinen wird die Begeisterung zwar durchaus geteilt: Beim World Slasher Cup sind immerhin Hähne aus Guam, Indonesien und weiteren Ländern der Region vertreten. Aber für weltweites Interesse wie einst der "Thrilla in Manila" sorgen die Hahnenkämpfe nicht gerade – eher für Kritik wegen Tierquälerei. Chuck Norris findet das unfair: "Wer so etwas sagt, versteht die Kultur der Philippinen nicht! Und wenn man damit aufhören würde – was würden die Leute dann wohl stattdessen machen?"
Das ist reine Spekulation. Denn in den Philippinen sind die Kämpfe bis heute so populär, dass es kaum eine Person in der Politik wagen würde, deren Verbot zu fordern. Und für weltweite Schlagzeilen wird bald sowieso Basketball sorgen: Die Weltmeisterschaft dieses Sports, den in den Philippinen ebenfalls Millionen verfolgen, findet ab dem 25. August unter anderem im Araneta Coliseum statt.

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema