Arbeiten an der eigenen Ikonisierung

Bob Dylan ist schon sehr früh zu einer lebenden Legende stilisiert worden. Zu seinem 70. Geburtstag erscheint nun ein Band mit Porträts des Sängers in jungen Jahren, der zeigt: Dylan selbt arbeitete fleißig mit an der Mythenbildung.
Literatur über Bob Dylan füllt ganze Regale: Jeder seiner Songs wurde akribisch katalogisiert, analysiert und auf versteckte Bedeutungen untersucht. Sein Werk hat mittlerweile sogar einen eigenen Berufsstand ins Leben gerufen – den des "Dylanologen". Trotzdem ist und bleibt Bob Dylan ein Rätsel – für seine Fans genauso wie für seine Kritiker. Anstatt einer weiteren Deutung veröffentlicht der Berliner Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf zum 70. Geburtstag des Sängers deshalb lieber einen Bildband: "Bilder eines Lebens - die frühen Jahre" bietet über 200 Fotografien aus den 60er Jahren, die der Musikjournalist Rainer Bratfisch ausgewählt und kommentiert hat.

Das Buch beginnt mit Dylans erstem Jahr in New York 1961 und endet 1970, als der Sänger sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückzieht. Es gibt Fotos von Dylans ersten Auftritten in den Folkclubs im Greenwich Village und von Platten-Aufnahmen in den New Yorker Columbia Studios. Man sieht ihn mit seiner ersten Freundin Suze Rotolo, die ihn mit der New Yorker Halbwelt der Künstler und Bohemiens bekannt macht. Später tauchen dann auch andere bekannte Gesichter auf: Joan Baez zum Beispiel, der Beatschriftsteller Allen Ginsberg oder auch die Folk-Sänger John Sebastian und Ramblin’ Jack Elliott. Es wird viel gelacht auf diesen Bildern, oder zumindest gelächelt. Man gewinnt den Eindruck, dass der junge Dylan wesentlich umgänglicher war, als es der alte heutzutage ist.

Auch schon mit Anfang 20 hat er freilich an seinem Mythos kräftig mitgearbeitet: Obwohl viele der Fotos spontan entstanden sind, wirken sie wie eine Inszenierung, wie ein "Portrait of the artist as a young man": Dylan lässt sich beispielsweise selten ohne seine Mütze fotografieren – eine Filzkappe mit Schirm, wie sie auch John Lennon in den 60er Jahren gerne getragen hat; vermutlich, weil sie Nähe zum Arbeitermilieu suggerieren soll.

Auch andere Attribute tauchen immer wieder auf: Die unvermeidliche Zigarette im Mundwinkel, die Sonnenbrille, die er sowohl drinnen als auch draußen trägt, die Gitarre und die Mundharmonika, aber auch Hinweise auf seine schriftstellerische Tätigkeit wie seine Schreibmaschine und sein Bücherregal. Betrachtet man diese Fotos heute im Abstand von 50 Jahren, merkt man noch immer, dass hier ein Mensch über seine Einzigartigkeit Bescheid weiß.

"Bilder eines Lebens - die frühen Jahre" gehört auf jeden Fall zu den lohnenswerten Dylan-Publikationen der letzten Jahre. Das Buch ist klar strukturiert. Die Auswahl der Fotos von renommierten amerikanischen Fotografen wie Michael Ochs, Elliott Landy und Dezo Hoffmann ist hervorragend, und die Begleittexte von Rainer Bratfisch bieten genau das richtige Maß an Information und Einordnung. Bahnbrechende neue Erkenntnisse sollte man sich davon aber nicht erwarten - und das große Bob Dylan- Enigma wird hier natürlich auch nicht gelöst.


Besprochen von Carsten Beyer

Bob Dylan: "Bilder eines Lebens – die frühen Jahre"
mit Fotografien von Michael Ochs, Elliott Landy, Barry Feinstein u. a., Texte von Rainer Bratfisch
Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2011
160 Seiten, 29,95 Euro
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