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Homeoffice während des Urlaubs in der Natur: Das probieren immer mehr Arbeitnehmerinnen aus. © picture alliance / Zoonar / Robert Kneschke
Arbeiten und Urlaub miteinander verbinden
06:47 Minuten
Wer im Homeoffice arbeitet, kann das auch am Pool, am Meer oder in den Bergen. Das denken sich immer mehr Menschen. Die Plattform Airbnb erkennt darin sogar eine „wahre Reiserevolution“, von der sie profitiert.
„Wir haben hier eine Sauna und wir haben einen großen Badezuber aus Holz, Sauna und Badelandschaft sozusagen“, erzählt Daniel Barthel. Er macht Homeoffice, nur eben nicht zu Hause, und ein bisschen Urlaubsgefühl hat er auch. Der 34-jährige Freiberufler hat sich eine besondere Unterkunft gesucht, in dem Kreativ- und Gemeinschaftsprojekt in Mecklenburg-Vorpommern "Wir bauen Zukunft", wo man sich zum Co-Working einmieten kann.
Hier kommen Menschen hin, die ihren Laptop dabeihaben und digital nomadisch Arbeit, Freizeit und Urlaub verschmelzen lassen können, umgeben von Wäldern, Weite und kleinen Seen. „In einem starren Büro zu sitzen oder im Homeoffice, das ist auf Dauer anstrengend“, meint Daniel Barthel. „Das ist auch sehr eintönig und man kann sich durch diese pandemische Lage ja auch gut abkapseln.“
Natürlich gibt es auch hier Pandemie-Regeln, aber eben auch den herbeigesehnten Ortswechsel. Daniel geht ins Blumenhaus, eine Art Pavillon mit vielen Fenstern. Er will es sich zum Arbeiten gemütlich machen, auf der Coach.
Laptop zu und der Urlaub beginnt
Daniel hat schon ein paar Mal die Arbeit mitgenommen, 2015 und 2016, erzählt er. „Mittlerweile mach ich das seit Covid vor allen Dingen wieder. Ich kann halt sehr frei arbeiten, weil meine ganzen Tätigkeiten mittlerweile online sind.“ Auch in Lissabon und Porto sei er im vergangenen Jahr gewesen. „Ich kann an den Strand gehen. Ich kann in den Wald gehen. Ich kann quasi direkt vom Schreibtisch aus in die Aktivität starten.“
Er könne sich auch aussuchen, ob sein Tag mit Qigong beginnt oder mit einem Spaziergang vor der Arbeit. Zu Hause würde man das so vermutlich eher selten machen. Daniel zahlt monatlich 1500 Euro für Unterkunft, Strom und WLAN, Angebote vor Ort, drei Mahlzeiten am Tag, Kaffee und Tee so viel er will – und er bekommt außerdem den gewünschten neuen Input. „Es ist natürlich ein Privileg, sich das leisten zu können“, meint er.
Die meisten, die so reisen und arbeiten wie Daniel, vermieten in der Zeit ihre Wohnung einfach unter. Vor Corona haben hauptsächlich freiberufliche Soloreisende Arbeit und Urlaub miteinander vermischt, inzwischen sind auch andere Berufstätige auf den Geschmack gekommen, sehr zur Freude des Portals Airbnb, über die man Unterkünfte mieten und vermieten kann. Denn das Geschäft der Plattform brach zu Beginn der Pandemie erstmal zusammen.
Leben, Arbeiten und Reisen verbinden
Ein Rückgang des Geschäfts um fast 80 Prozent, erzählt Isabelle Klot von Airbnb über den März 2020. „Doch wir haben schnell gemerkt, dass die Menschen weiter reisen möchten, nur eben oft anders als früher, weil das Leben, das Arbeiten und das Reisen bei vielen Menschen verschwimmen.“ Dadurch habe eine „wahre Reiserevolution“ stattgefunden. „Das hat dazu geführt, dass wir ein sehr erfolgreiches Jahr 2021 hatten.“ (*)
Vor allem die Verweildauer in den Unterkünften sei gestiegen. „Wir haben gesehen, dass im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Gäste mindestens drei Monate lang ununterbrochen in einer Unterkunft auf Airbnb blieben“, so Klot. „Man kann davon ausgehen, dass viele auch von dort gearbeitet“ und Kinder samt Homeschooling und Hund einfach mitgenommen haben. Das sehe sie auch an den Ausstattungsmerkmalen, die die Reisenden suchen, wie etwa Haustierfreundlichkeit, Küche, Waschmaschine und Trockner.
Guter Internetanschluss ist unerlässlich
Um Arbeit und Urlaub auch wirklich problemlos miteinander verbinden zu können, ist stabiles und schnelles WLAN Voraussetzung für eine gute Unterkunft: Viele wollten bei diesem Punkt schon vor der Reise auf Nummer sicher gehen. Airbnb hat darauf reagiert: Nun könnten Gastgeberinnen die Internetverbindung in ihrer Unterkunft über Airbnb testen, die WLAN-Geschwindigkeit verifizieren lassen, erzählt Klot, „sodass die Gäste auch wissen, dass es schnelles Internet gibt“.
Auch die Städte seien durch die neuen Wünsche nach eher wenig Kontakt und entspannterem Alltag nicht mehr so gefragt wie noch 2019. Stattdessen würden die Menschen in ländliche Regionen reisen. „Man sieht zum Beispiel, dass mehr Menschen an die Costa Blanca reisten als nach Madrid und mehr an die Algarve als nach Lissabon." In Deutschland seien die beliebtesten Reiseziele vergangenes Jahr der Schwarzwald gewesen, der Bodensee, klar, Nord und Ostsee, das Allgäu und Rheinhessen. Und nach Einschätzung der Plattform Airbnb wird so auch eher die Zukunft des Reisens aussehen.
Flexiblere Reiseplanung
Flexible Planung, kurzfristig auch mal eine Woche verlängern oder zwei, und auch das Reiseziel darf gerne mal was anderes sein, solange die Gegebenheiten ein bisschen wie zu Hause sind.
Laut einer Umfrage von Airbnb in Deutschland möchten mehr als die Hälfte Beruf und Freizeit miteinander verbinden. „Rund 85 Prozent“, sagt Klot. „Um diesem Trend gerecht zu werden, haben wir im Mai die flexible Suche eingeführt. Dass man eben, wenn man flexibel ist, was den Ort oder die Zeit der Reise angeht, mehr Auswahlmöglichkeiten hat, und dann vielleicht günstigere Angebote angezeigt bekommt und entsprechend den Zeitpunkt festlegen kann.“
Daniel wird seinen Schreibtisch noch bis Ende Januar im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern haben, inklusive ein bisschen Urlaubsgefühl. „Es fühlt sich an wie Urlaub“, erzählt er. Weil der Ort in der Natur liege. „Das wirkt ein bisschen in die Arbeit hinein. Deswegen ist die Arbeit an sich entspannter.“
(*)Redaktioneller Hinweis: Wir haben den Text an die ausgestrahlte Audiofassung angepasst und um einen Halbsatz gekürzt.