Reconstruction - Architecture and Blackness in America
Museum of Modern Art, New York
Bis zum 31. Mai 2021
Neue MoMA-Debatte um einen Nazi-Sympathisanten
07:26 Minuten
Der Architekt Philip Johnson war ein bedeutender Vertreter der US-amerikanischen Moderne und Postmoderne, aber er gilt auch als Antisemit und Nazi-Sympathisant. Nun fordern Kulturschaffende, dass sein Name aus dem New Yorker MoMA getilgt wird.
Philip Johnson war einer der bedeutendsten Architekten der US-amerikanischen Moderne und Mitbegründer der Postmoderne. Von ihm stammen unter anderen das AT&T Building in New York, das New York State Theater, der Skulpturengarten des Museum of Modern Art und auch die Kunsthalle Bielefeld. Nun fordern Kulturschaffende in den USA, dass sein Name aus dem MoMA verschwindet. Denn Johnson war zeitweise ein Nazi-Sympathisant und Antisemit.
Dieses Wissen ist nicht neu und dennoch ist die Debatte um Johnson neu entbrannt. Die kürzlich eröffnete MoMA-Ausstellung "Reconstructions" über "Architecture and Blackness in America" hat auch dazu beigetragen. Das "Manifesting Statement" des Black Reconstruction Collective überdeckt nun Johnsons Namen am Eingang der Architekturgalerie des MoMA. Das Museum hat nun bis zum Ende der Ausstellung Zeit, eine sinnvolle Lösung zu finden.
Seine Vergangenheit war kein Geheimnis
Man könne Johnsons Bedeutung sowohl für das MoMA als auch für die amerikanische Architektur kaum überschätzen, sagt US-Korrespondent Sebastian Moll. Johnson war Mitbegründer und Direktor der MoMA-Architekturabteilung.
"Er hat Mies van der Rohe und Marcel Breuer und die Ideen der europäischen modernen Architektur in die USA gebracht und damit auch das Bauen in den USA nachhaltig beeinflusst. Er war von den frühen 30er-Jahren bis an sein Lebensende 2005 mit dem MoMA verknüpft. Und er hat die Programmgestaltung des Museums und die moderne Architektur in Amerika nachhaltig geprägt."
Johnsons Nazi-Vergangenheit sei kein Geheimnis gewesen, sagt Moll. Das Museum habe aber beispielsweise die Artikel in "Vanity Fair" und im "New Yorker" von 2018 ignoriert und gehofft, dass alles irgendwie vorübergehe. Spätestens seit dem offenen Brief einer Gruppe von Architekten und Designern im Dezember 2020 könne man sich das aber nicht mehr leisten. Das Museum habe nun mit der Ausstellung "Reconstructions" über schwarze Architektur in den USA reagiert. Noch sei aber unklar, wie das Museum mit dem Namen Philip Johnson in Zukunft umgehen werde.
Größere Aufmerksamkeit für problematische Figuren
Zwar habe Johnson später zahme Wiedergutmachungsversuche gestartet, aber er habe sich nie wirklich von seinem damaligen Verhalten distanziert, sagt Moll. "Und natürlich muss man die Aufarbeitung der Vergangenheit des MoMA und der Person Philip Johnson mit dem politischen Klima in den USA im Augenblick in Verbindung bringen, mit der gewachsenen Aufmerksamkeit für problematische Figuren und Strukturen, auch in der Kunstwelt, nach dem Mord an George Floyd und den landesweiten Protesten."
Das MoMA stecke jetzt in einem Zwiespalt, weil es seine Grundkonzeption nicht zuletzt den Gedanken und dem Wirken von Philip Johnson verdanke. "Es stimmt, dass das MoMA Philip Johnson nicht komplett canceln kann, aber es muss sich auf jeden Fall kritisch mit seiner Rolle und mit seiner Vergangenheit und mit dem Namen Philip Johnson auseinandersetzen und sicherlich auch offensiver, als es das in der Vergangenheit getan hat."
(rja)