Erfolg mit Geschmacklosigkeiten
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Architekt Ricardo Bofill ist vielen ein großes Ärgernis. Seine Entwürfe sind umstritten, trotzdem ist er erfolgreich damit. Jetzt wird der Spanier 80 Jahre alt. Architekturkritiker Nikolaus Bernau erklärt, warum es sich lohnt, genauer hinzusehen.

Umstritten, aber interessant: Ricardo Bofill.© dpa/ Stanislav Zbynek
Die Postmoderne hat es in der Architektur schwer. Zuletzt wurde sie mehr verspottet als gehasst. Der Spanier Ricardo Bofill aber sei für zwei bis drei Generationen ein richtiger Hassarchitekt gewesen, sagt der Architekturkritiker Nikolaus Bernau. "Weil er mit den ästhetischen Normen der klassischen Moderne gebrochen, aber auch weil er Details verwendet hat, bei denen man einzeln sagen würde: Das ist eine Grausamkeit." Säulen aus Spiegelglas oder Hochhäuser mit Dachgiebel zum Beispiel – das seien allesamt "gnadenlose Geschmacklosigkeiten".

Der vom spanischen Architekten Ricardo Bofill entworfene und Ende der 70er Jahre errichtete Espaces d'Abraxas ist eine soziale Wohnanlage mit 600 Wohnungen. © dpa/ MAXPPP/ Leon Tanguy
"Andererseits macht die Kombination all dieser Details ungeheuren Spaß, sich das anzugucken", sagt Bernau. Denn die Geschmacklosigkeit breche mit einer Sehgewohnheit und man müsse sich völlig umstellen. Man könne sich ärgern, dass Bofill damit Erfolg hat, sagt Bernau.
Versailles der Arbeiter
Jetzt ist der Architekt 80 Jahre alt geworden. Bofill, der am meisten in Frankreich und Spanien gearbeitet hat, sei immer eher Künstler als Ingenieur gewesen. "Ihm ging es immer um die Gestaltung der großen Form." In Frankreich hat er Sozialbauten errichtet, die sich an den großen Formen des 19. Jahrhunderts orientierten. Seine Entwürfe seien "Gegenmodelle" zu den aufgestapelten Platten gewesen. Die "Espaces d’Abraxas" in einem Pariser Vorort habe er selbst "Versailles der Arbeiter" genannt.

Die Arcades du Lac sind ein Ensemble von Mehrfamilienhäusern in der Pariser Vorstadt, in der Nähe von Versailles. Gebaut wurden sie 1981 nach einem Entwurf von Ricardo Bofill.© imago stock&people
Sein Apartmenthaus "Walden 7" in Barcelona sei aufgebaut wie eine Kasbah, eine nordafrikanische Festung. Es habe vorzüglich geschnittene Wohnungen, aber die Meinungen über den Bau seien dennoch sehr geteilt. Manche woltlen sie abreißen, andere lobten den beispielhaften Sozialbau. "Das ist auf jeden Fall eine Anlage, von der wir lernen können", sagt Bernau – und das sei selten bei Gebäuden aus dem Jahr 1975.
(leg)