Ein simpler Plan für das Berliner Bauhaus-Archiv
Das Bauhaus als Avantgarde der Klassischen Moderne hat in Berlin ein eigenes Archiv. Es soll nun in Nachbarschaft zum Gropiusbau einen Neubau bekommen. Der Architekt, der die Ausschreibung gewann, kommt aus der Hauptstadt.
Unrühmlich sind die Kungelrunden der Berliner Bauwettbewerbe und ihr mahnendes Beispiel das Mittelmaß der Nachwendearchitektur. Groß war deshalb der Protest gerade bei der Berliner Architektenkammer, als der Berliner Senat bekanntgab, dass es für den Erweiterungsbau des Bauhaus Archives auch nur wieder einen Wettbewerb auf Einladung geben würde – ausgerechnet beim Bauhaus, dieser einst von vielen jungen, experimentierfreudigen Künstlern und Architekten getragenen Einrichtung sollte sich jetzt wieder das Establishment verwirklichen? Regula Lüscher, die Berliner Senatsbaudirektorin, zeigte am Ende zumindest teilweise ein Einsehen:
"Wir haben gesagt, wir möchten fünfzehn Büros setzen, fünfzehn im Museumsbau erfahrene Büros. 35 konnten sich dazu bewerben, wurden aus einem Bewerbungsverfahren ausgewählt. Also fünfzig Architekturbüros, am Ende haben 41 abgegeben. Das zeigt doch, dass es eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe war, und man konnte nur in den vorderen Rängen mitspielen, wenn man auch wirklich viel Arbeit in dieses Projekt investiert hat."
Ein Haus, um sich entspannt zu treffen
Eine vollständige Öffnung des Wettbewerbs für alle sei nicht im Interesse der Sache, sagte auch Bauhaus Archiv-Leiterin Annemarie Jaeggi und wies auf den Wettbewerb für den Neubau des Dessauer Bauhauses, an dem sich über achthundert Bewerber beteiligt hätten. Das überfordere jede Jury. Der Berliner Weg mit einer teilweisen Öffnung könnte aber vielleicht zum Vorbild werden gerade für Wettbewerbe, in denen es nicht um die ganz großen Bauvolumen geht. Zumindest sind etliche weniger bekannte Büros in die engste Wahl gekommen, auch wenn den Ersten Platz dann doch das Büro von Staab Architekten in Berlin belegt und damit wieder ein Big Player bei den Museumsbauten der letzten Jahre.
Regula Lüscher über die Auswahl: "Wir wollten ein Haus, in dem es möglich ist, dass man sich sehr entspannt treffen kann, in dem man sich austauschen kann, (...) aber auch der ganze Ort, diese Landschaft, die wir ja heute dort haben, dass wir diese Stadtlandschaft weiterhin erhalten möchten, auf der man sich auch einfach mal entspannt hinfläzen kann und auch nicht unbedingt etwas konsumieren muss."
Der Plan von Volker Staab ist allerdings in der Tat ebenso simpel wie raffiniert: Er sieht einen insgesamt fünfstöckigen Turm vor, der im Wesentlichen von einem Außenwandgerüst aus schmalen Metallstäben getragen wird und dadurch überaus licht und leicht wirkt. Der Turm verstellt den Blick auf den dahinterliegenden Ursprungsbau des Bauhaus Archives von Walter Gropius nicht. Im Gegenteil: Durch ein im Untergrund verlaufendes Sockelgeschoss – eine Art Atrium - werden Alt- und Neubau miteinander verbunden. Ausstellungsflächen lassen sich daran anschließen. Volker Staab: "Das war für uns tatsächlich so der Schlüssel, herauszufinden, dass wir es eben schaffen können, diesen Innenhof, der ja auch schon bei Gropius letztendlich so angedacht war, es zu schaffen, die Museumsräume (...) nicht als Gebäude erscheinen zu lassen, sondern eher in die Topografie als Landschaftsbearbeitung zu integrieren und dann aber trotzdem eben mit diesem zeichenhaften Turm (...) auch sich jetzt nicht zu verstecken, sondern diese neue Institution auch sichtbar werden zu lassen."
Anziehung durch einen Glasturm
Der Turm als eigentlich im Außenraum sichtbarer Teil des Neubaus hingegen hat gar keine Funktion als Ausstellungshaus selbst. Er dient nur dazu, wie ein Leuchtturm die Anziehungskraft für das bislang eher versteckt in einer Senke am Landwehrkanal gelegene Museum zu erhöhen. Im Turm soll man einfach sitzen und Kaffee trinken, aus höheren Etagen die Aussicht genießen oder sich in Filmen über das Bauhaus informieren können, ohne gleich ein Ticket für den Museumsbesuch kaufen zu müssen. Annemarie Jaeggi: "Auf eine spielerische Weise wird man dort informiert, über das Bauhaus, über unsere Einrichtung. Das soll auch Lust machen, hinunterzugehen und in die eigentlichen Museumsräume einzutreten."
Diese aus den USA und Asien kommende Tendenz setzt sich auch in Europa immer stärker durch. Die riesigen Foyers neu gebauter Museen werden vor allem in den USA zeitweilig als reine Entertainment- und Verkaufsbereiche genutzt. Die Museumseingänge sind oft nur noch schwer zu finden. Der "funktionsoffene" Siegerentwurf von Staab Architekten kann allemal dazu verleiten, zwei Drittel der 6800 Quadratmeter Raumfläche mit viel museumsfremdem Touristentinnef vollzustopfen. Und wer weiß, wer der honorigen Annemarie Jaeggi dereinst als Leitung des Bauhaus Archives nachfolgt? Die in die engere Wahl gekommenen Konkurrenzentwürfe werden leider erst ab dem 5. November zu sehen sein.