Gebaute Demokratie
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Nach den chaotischen Szenen in Washington steht das Kapitol im Fokus, auch als Gebäude. Der Architekturkritiker Nikolaus Bernau sagt, dass der Bau von Anfang an als offenes Haus geplant wurde. Das Volk sollte sich versammeln - allerdings friedlich.
Als Parlamentsbau habe das Kapitol in Washington keinerlei Vorbilder, sagt der Architekturkritiker Nikolaus Bernau: "Vor allen Dingen in dieser gigantischen Dimension." Zwar habe es große Kuppelbauten gegeben, zum Beispiel den Petersdom in Rom, aber als das Kapitol 1792 geplant worden sei, seien Parlamente normalerweise in provisorischen Gebäuden untergebracht gewesen.
Demokratisches Gesamtkunstwerk
Das Kapitol sei dagegen im Herzen von Washington als Symbol für die Macht des Parlaments gebaut worden, betont Bernau: "Viele der großen Diagonalachsen durch den Stadtplan beziehen sich auf das Kapitol." So sei der Bau das Zentrum der Politik Amerikas - und das seit über 200 Jahren.
Bernau nennt das Gebäude ein "Gesamtkunstwerk": "Im Kapitol sind die Werke der besten Maler und Bildhauer Amerikas. Da haben die besten Architekten mitgearbeitet. Das ist nicht nur ein Parlament, das ist nicht nur ein Verwaltungsbau. Das ist auch eine Ruhmeshalle, ein Kunstmuseum, eine Gedenkstätte. Aber das Entscheidende ist: Es ist ein Symbol der amerikanischen Demokratie."
Skandal im Haus des Volkes
So sei bei allen Details darauf geachtet worden, dass sie diese Demokratie repräsentieren. Die Säulen orientieren sich an denen der römischen Republik, nicht an denen des Kaiserreichs. Und die Kuppel ist nicht der einer Kirche nachgebildet: "Es ist die Kuppel eines profanen Gebäudes."
Und deshalb sei das Bauwerk auch immer offen gewesen, sagt Bernau: "Es gilt als das Haus des Volkes." Dass sich das Volk dann dort versammle, sei normal: "Was ungewöhnlich ist, dass es nicht friedfertig stattfand. Das ist der große Skandal."
(beb)