Architekturbüro "Veech X Veech"

Mehr Diplomatie als Design

Vorzeigeobjekt des Architekturbüros Veech X Veech: Der "Arabic Newsroom" von Al Jazeera in Katar.
Vorzeigeobjekt des Architekturbüros Veech X Veech: Der "Arabic Newsroom" von Al Jazeera in Katar. © Hufton+Crow
Von Werner Bloch |
Weltweit stehen Fernsehsender bei ihnen Schlange: Stuart und Masha Veech sind gefragte Nachrichtendesigner. Das Vorzeigeobjekt des Architekturbüros "Veech X Veech" ist das Design des Nachrichtensenders Al Jazeera. Doch können sie im Nachrichtengeschäft politisch neutral bleiben?
Nachrichten von Al Jazeera, aus dem neuen "Arabic Newsroom" in Katar. Die Kamera zoomt sich von außen an das Sendegebäude heran, schwingt sich entlang der wellenförmigen, türkis-blauen Fassade und taucht in den Innenraum ein.
Dieses Studio hat nichts mit dem zu tun, was wir von ARD oder ZDF kennen. Das Hintergrundbild spaltet sich immer wieder auf, gruppiert sich zu variablen Flächen mit Bildern, Filmen und Schriftzügen - wie ein Baukasten mit ständig wechselnden Elementen. Auf der rechten Bildschirmseite gehen Zuschauerkommentare per Twitter und Facebook ein.
Das Wiener Architekturbüro "Veech X Veech" hat dieses Studio konzipiert und gebaut, das in Wirklichkeit eine ganze Nachrichtenlandschaft ist. Von den beweglichen Dolly Kameras, die dem Raum Tiefe geben, von Licht, Computertechnik bis zum Marsch des Moderators durch das Studio – alles ist aufeinander abgestimmt.
Architekt Stuart Veech: "Man sieht auch die Technik gar nicht, das heißt: Wir machen keine Kulisse, es ist alles versteckt. Und das ist das, was magisch ist. Ein Raum, der plötzlich unerklärlich ist, wie geht das, wie funktioniert das?"
Wenn man jetzt Nachrichten auf Al Jazeera sieht, egal ob auf englisch oder arabisch, dann schauen ARD und ZDF plötzlich sehr alt aus – sogar die ehrwürdige BBC und CNN, deren Räume Theaterkulissen sind – genau das, was "Veech X Veech" nicht wollen. Sie setzen bei aller technischen Avantgarde auf den Menschen, schneiden die Fernsehbilder auf den jeweiligen Moderator zu.
"Die Klarheit der Formensprache, der Räume, des Lichts und der Kamera hilft der Klarheit der Botschaft, die da präsentiert wird. Ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig. Wenn man den Menschen nicht sieht, wird man den Menschen auch nicht glauben, was sie sagen."
Veech und seine Frau Masha, die seit 1993 zusammenarbeiten, waren unzählige Male in Doha, sie haben das Gesicht von Al Jazeera von 2010 bis 2016 geprägt. Sie gelten heute als die gefragtesten Nachrichtenarchitekten und -designer weltweit, haben internationale Preise gewonnen, den ORF neu gestaltet, in Israel gearbeitet. Große Fernsehsender stehen als Kunden Schlange.
Außenansicht auf das Al Jazeera Headquarter in Doha.
Außenansicht auf das Al Jazeera Headquarter in Doha.© Hufton+Crow

Nachrichtengeschäft ist politisch vermint

Was bedeutet das politisch? Würden "Veech X Veech" überall arbeiten? Auch in Diktaturen? Katar, der Sitz von Al Jazeera, gilt ja nicht gerade als demokratischer Musterstaat.
"Erstens sehen wir unseren Job nicht als politische Aufgabe – ich sehe das als eine Bühne, eine Plattform. Ich beeinflusse nicht den Content. Wir sind sehr selektiv, mit wem wir arbeiten. Wir arbeiten nur für glaubwürdige Partner, ob das Israelis sind in Tel Aviv oder al Jazeera."
Das Nachrichtengeschäft ist politisch vermint. Al Jazeera, das früher einmal für revolutionären, gut recherchierten Journalismus in der arabischen Welt stand, produziert inzwischen selbst teilweise Fake News. Das behauptet etwa der langjährige Al-Jazeera-Korrespondent in Berlin, Akhtam Suliman, der den Sender verlassen und darüber sogar ein Buch geschrieben hat. Nun fordert Saudi-Arabien die Schließung Al Jazeeras, weil der Sender des Emirs von Katar seinen saudischen und ägyptischen Nachbarn auf der Nase herumtanzt.
Stuart Veech glaubt nicht, dass Al Jazeera in der jetzigen Krise geschlossen wird.
"Man kann nicht von heute auf morgen ein BBC schließen, man kann auch nicht sagen zu den Amerikanern, sie sollten CBS schließen, das wäre eine große Frechheit so etwas zu fordern, denn es ist freier Journalismus, den muss man haben, den muss man auch unterstützen."
Das Wiener Architekturunternehmen "Veech X Veech" kann nicht völlig unpolitisch sein, sie haben die ganze Zeit mit Politik in den arabischen Ländern als ihren Auftraggebern zu tun. Dass das mühselig und manchmal fast unmöglich ist, haben sie 2010 erfahren, als sie eine Ausstellung für die OPEC in Wien realisierten, zum 50. Gründungsjubiläum der Organisation erdölexportierender Staaten. Es kam fast zum Eklat.
Masha Veech: "Es war ein Abenteuer. Das war mehr Diplomatieübung als eine Designübung. Ein großer Teil unserer Arbeit ist Diplomatie. Weniger Design als Diplomatie."
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