Museumsbau mit magnetischem Sog
Der Architekt Andreas Heller erhält für das Europäische Handelsmuseum in Lübeck den renommierten Preis des Deutschen Architekturmuseums – den DAM-Preis. Wer sich alle Nominierten anschaut, der erkennt eine erfreulich sympathische Herangehensweise an moderne Architektur.
"Eigentlich weiß ich es erst seit dem Moment, da ich hier eingetroffen bin, um zu gucken, ob unser Modell richtig steht. Und aufgrund der Position innerhalb der Ausstellung schwant mir etwas..."
Das Siegerprojekt nämlich wird an zentraler Stelle präsentiert: ausführlich beschrieben, mit Modell und Fotografien. Das Europäische Hansemuseum in Lübeck steht inmitten des UNESCO-Weltkulturerbes Lübecker Altstadt, verbindet die Uferstraße und den sogenannten Burghügel mit dem Burgkloster. Was sofort auffällt: Das Museum von Andreas Heller Architects verbindet handwerklich gediegene Backsteinmaterialität mit eleganter Moderne. Und Andreas Heller hat die Geschichte des Backsteinbaus im Ostseeraum genau studiert, ehe seine Materialentscheidung fiel.
"Die haben wir richtig entworfen, wir waren also auch richtig im Ziegelwerk und haben dann die Backsteine richtig entwickelt und an den Formen gebaut. Wir wollten einfach diese Kraft dieser mittelalterlichen Steine, die wollten wir zitieren."
Herausgekommen ist ein Museumsbau, der sofort in Bann schlägt, einen magnetischen Sog entfaltet, auch durch die mitten hindurchführende Treppe, die jetzt Uferstraße und Burghügel verbindet.
Eine glücklich verlaufene Baugeschichte
"Also ich glaube, dass wir das Glück hatten mit einem Bauherrn, mit einer Stiftung in Lübeck, die zu 85 Prozent dieses Projekt finanziert hat - die restlichen 15 Prozent sind durch das Land Schleswig-Holstein gekommen -, jemanden auch gefunden haben, der diesen Weg mitgegangen ist, diese Detailausarbeitung mitzubegleiten. Und das ist etwas, das wir Architekten auch immer gerne wollen: Dass wir wirklich in dieses Material hineinsteigen, mit Empathie, und das wird einem ja oft nicht vergönnt."
Also hier einmal eine Baugeschichte, die glücklich verlaufen ist: faszinierende Architektur, im Zusammenspiel von Architekt und Bauherr entstanden. Zu den vier Finalisten des DAM Preises 2017 gehörte übrigens auch das Museum Grimmwelt in Kassel, von kadawittfeldarchitektur, das in vergleichbarer Weise Stadtreparatur und elegante Moderne verbindet.
Die Ausstellung im Frankfurter Architekturmuseum zeigt die Vielfalt des Baugeschehens in Deutschland: mit Kindertagesstätten, Schulen, Kliniken oder auch U-Bahn-Stationen. Zentrales Thema aber ist das Wohnen. Unter den Finalisten ist ein generalsaniertes, ursprünglich achtgeschossiges Wohnhochhaus in Pforzheim, von Freivogel Mayer Architekten. Dazu Kurator Yorck Förster, der auch Mitglied der Vorjury war...
"Das wird energetisch saniert, die Wohnungen haben gleichzeitig neue Loggien erhalten, es wurde eine Etage aufgestockt, also eine moderate Nachverdichtung, die stattfand. Wichtig war auch, dass die Bewohner in ihren Wohnungen bleiben konnten, also dass die ganzen Maßnahmen minimalinvasiv sind, das heißt, am Ende stand ein sehr moderater Anstieg der Mieten, gleichzeitig eine extreme Verrringerung der Heizkosten. Also das ist ein Beispiel für eine Sanierung im Bestand, die auch städtebaulich dem Gebäude eine neue Statur gegeben hat..."
Kompliment für die Ausstellung des DAM-Preises
Sanierung im Bestand, städtebauliche Aufwertung, sozialverträgliche Modernisierung – die Ausstellung zum DAM-Preis ist erfreulicherweise nicht betriebsblind, sondern realitätsnah. Auch der andere Finalist, Thomas Kröger Architekten aus Berlin, zeigt mit der Umnutzung einer Scheune in der Uckermark, dass sich zum Beispiel Wohnbedarf und Erhalt ländlicher Struktur durchaus verbinden lassen:
"Diese Scheune war vorher usprünglich ein Kuhstall gewesen, wurde dann als Wohnhaus ein bisschen genutzt. Aber jetzt war das eine Gesamtsanierung, die dazu führte, dass das Gebäude tatsächlich in seinen Dimensionen so erhalten werden konnte. Und das ist eine sehr sensible, feinfühlige Angelegenheit. Aber grade dieses Thema: Wie geht man mit dem Baubestand im ländlichen Bereich um?, der ja teilweise das Problem hat, dass er leer läuft – darauf wirft dieses Projekt ein Schlaglicht."
Die entstandenen zwei Wohneinheiten, in Holzträgerbauweise, mit viel Glas, die sich um eine gebäudehohe Halle im Zentrum gruppieren, wirken jedenfalls sehr einladend. Und das lässt sich als Kompliment für die gesamte Ausstellung des DAM-Preises verstehen: Sie stellt eine Menge Projekte vor, die den spontanen Impuls auslösen: Das will ich sehen, da will ich hinfahren, so möchte ich auch am liebsten wohnen...