Ab wie vielen Pillen beginnt das Doping?
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Eine neue ARD-Dokumentation zeigt, wie gängig Schmerzmittel im Fußball sind. Die Grenze zum Doping ist dabei unklar. Es komme vor allem auf die Dauer der Einnahme an, sagt der Pharmakologe und Doping-Experte Fritz Sörgel.
"Laufen bis zum Umfallen" lautet ein Spruch, den man nicht nur im Leistungssport hört. Dass Sport weh tun, wissen alle. Und wenn es zu sehr schmerzt, dann helfen Tabletten – zumindest beim Fussball. Das scheint eine aktuelle Umfrage der ARD und des Recherchezentrums Correctiv nahezulegen: Mehr als 1000 Fußballerinnen und Fußballer haben daran anonym teilgenommen. Die Ergebnisse gibt es nun in der Dokumentation "Geheimsache Doping – 'Hau rein die Pille!'" zu sehen.
Manche konsumieren Schmerztabletten wie Süßigkeiten
Knapp die Hälfte der Befragten sagt demnach: "Ich nehme mehrmals pro Jahr Schmerzmittel, um spielen zu können". 20 Prozent greifen mindestens ein Mal im Monat zu. Neben der Umfrage kommen in den Recherchen auch ehemalige und aktive Spieler zu Wort – Amateure und Profis, wie zum Beispiel Neven Subotic, der beim Erstligisten Union Berlin spielt: "Das ist wie Smarties nehmen."
Die Recherche stellt auch zur Debatte, ob Schmerzmittel Doping sind. Die Dokumentation zitiert dabei die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Die sagt einerseits: Schmerzmittel gehören nicht auf die Verbotsliste. Anderseits steht in deren Antidoping-Code jedoch: Es gibt drei Kriterien, um ein Medikament zu verbieten: Wenn es die Leistung steigert. Wenn es ein Gesundheitsrisiko ist. Und wenn die Einnahme gegen den Sportsgeist verstößt.
Tests sollten Missbrauch von Medikamenten aufdecken
Erfüllt ein Medikament zwei dieser drei Eigenschaften, muss es laut WADA als verbotene Substanz eingestuft werden. Diese Abwägung sei eine schwierige Frage, findet der Pharmakologe und Doping-Experte Fritz Sörgel. Er leitet das Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg.
Schmerzmittel, die eingenommen werden, um bessere Leistungen zu erzielen, würden zwar gegen den Sportsgeist verstoßen, jedoch benötigten auch normale Sportler diese immer einmal wieder – allein um Entzündungen zu hemmen. Man müsse deswegen unterscheiden zwischen Leuten, "die es immer wieder einnehmen, und Leuten, die es eben kurzfristig einmal brauchen", sagt Sörgel. Entsprechende Test müssten das nachweisen.
Niere, Herz und Leber können Schaden nehmen
Ab einer Einnahmedauer von drei oder vier Wochen könne man nicht mehr davon sprechen, dass Schmerzmittel die natürliche Heilung unterstützen würden, so Sörgel: "Dann ist es ganz klar mit dem Zweck, eine stärkere Leistung zu ermöglichen".
Das ständige Schlucken von Schmerzmitteln könne die Nieren schädigen, eventuell auch das Herz oder die Leber. Das größere Problem sei jedoch, dass diese opiatartigen Substanzen süchtig machen und zu einer Beschaffungskriminalität führen könnten: "Dann wird es besonders problematisch", sagt Fritz Sörgel.
(sed)