ARD-Film von Julia Albrecht

Ein Leben als Schwester einer RAF-Täterin

Die Regisseurin Julia Albrecht
Die Regisseurin Julia Albrecht verarbeitet in "Die Folgen der Tat" ihre Familiengeschichte. © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Julia Albrecht im Gespräch mit Nicole Dittmer und Christian Rabhansl |
In dem ARD-Film "Die Folgen der Tat" setzt sich Julia Albrecht mit dem Verbrechen ihrer Schwester auseinander, die an dem RAF-Attentat auf den Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto beteiligt war. "Es hat sich stigmatisierend für mich angefühlt", sagt die Angehörige der Täterin.
Jürgen Ponto war ein enger Freund der Familie Albrecht. Auch 38 Jahre nach der Tat seien die Folgen des Attentats für alle spürbar und keineswegs verheilt, sagt Julia Albrecht - sowohl für die Angehörigen des ermordeten Dresdner-Bank-Vorstandsprechers als auch für die Familie der Mittäterin Susanne Albrecht. Sie hatte Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt, die Jürgen Ponto erschossen, Zugang zum Haus der mit den Albrechts befreundeten Familie Ponto verschafft.
"Eingeschlossen in der Rolle der Schwester einer Täterin"
Aus der Sicht von Julia Albrecht skizziert der Film, den sie zusammen mit der Regisseurin Dagmar Gallenmüller gedreht hat und der am Mittwoch um 22:45 Uhr in der ARD läuft, auch das Gefühl, plötzlich einer Täter-Familie anzugehören. Als damals 13-Jährige habe sie zwar ihren Schulalltag weitergelebt, aber "es hat sich stigmatisierend für mich angefühlt", sagte Julia Albrecht im Deutschlandradio Kultur. Sie sei "eingeschlossen in der Rolle der Schwester einer Täterin" gewesen, auch ohne dass sie aktiv von anderen diskriminiert worden sei.
Jürgen Ponto war am 30. Juli 1977 in seinem Haus in Oberursel bei Frankfurt von RAF-Terroristen erschossen worden: 3000 Bank-Angestellte gedachten seiner in der Frankfurter Innenstadt.
Jürgen Ponto war am 30. Juli 1977 in seinem Haus in Oberursel bei Frankfurt von RAF-Terroristen erschossen worden: 3000 Bank-Angestellte gedachten seiner in der Frankfurter Innenstadt.© picture alliance / Manfred Rehm
Mit der Dokumentation versuchte Julia Albrecht, den Ursachen für das Attentat etwas näher zu kommen. Allerdings musste sie feststellen, dass sie die Tat nicht erklären kann. Im Zentrum des Films steht die Mutter, die von Julia Albrecht eindringlich befragt wird. Sie schildert, wie ihr die Tochter Susanne langsam entglitt.
"Niemand maßt sich an, Susanne zu verstehen"
Ihre Eltern seien noch immer mit der Frage konfrontiert, wie es sein konnte, dass die von ihnen vermittelten Werte nicht bei der Tochter ankamen und diese sich an der Ermordung beteiligte. "Das ist für meine Eltern eine verzweifelte Frage." Für die Mutter sei es, trotz zwischenzeitlicher Zweifel, gut gewesen, sich in dem Film zu äußern.
Die ehemalige RAF-Terroristin Susanne Albrecht, die bereits als Freigängerin in den 1990er-Jahren begann, als Lehrerin zu arbeiten, wollte an dem Film nicht teilnehmen. Auch deshalb sei es nicht möglich, in die Psyche ihrer Schwester zu blicken. "Niemand maßt sich an, Susanne zu verstehen", sagte Julia Albrecht.
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