Die Ausstellung "Im Japanfieber" ist noch bis zum 20. Januar im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen zu sehen.
"Mischung aus Kostümieren und Hineinprojizieren"
Viele europäische Künstler begeisterten sich schon im 19. Jahrhundert für Japan. Ein regelrechtes Japanfieber erfasste Maler wie Claude Monet oder van Gogh. Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck widmet sich nun dem Einfluss Japans auf die westliche Kunst.
"Japan öffnete sich zu Beginn der Meiji-Zeit (1889 - 1912) nach 200 Jahren Isolation zum ersten Mal dem Westen", erklärt der Direktor des Arp Museums Oliver Kornhoff die Initialzündung für das in Europa einsetzende Japanfieber. Die in Paris und Wien stattfindenden Weltausstellungen bildeten den Rahmen dafür, dass Millionen Menschen mit japanischen Kunst- und Kulturgegenständen in Berührung kommen konnten.
Relativ einseitiger Kulturtransfer
Doch habe es sich hier um einen relativ einseitigen Kulturtransfer gehandelt, erklärt Kornhoff. Dieser sei mehr von Vermutungen und Imaginationen begleitet gewesen und weniger vom realen japanischen Leben. Die Authentizität jedes einzelnen Gegenstandes sei nicht wichtig gewesen, es sei eher um die exotische Atmosphäre, um das Anverwandeln des Fremden gegangen, so Kornhoff weiter. Der zuvor herrschenden Orient-Haremsmode sei man müde geworden und plötzlich habe es eine neue Chance auf etwas Exotisches gegeben, mit dem man die Kunst, aber auch das eigene Leben anreichern und erhitzen konnte, erklärt der Museumsdirektor.
Ästhetik und formale Erneuerung
Dabei sei es eher um Ästhetik als um Reduktion gegangen, um die Fächer, die Kimonos, die Rolle der Samurais und Geishas, um Töpferware, um die Holzschnitte – diese "waren nicht 'zen-leer', da waren die Bilder des bewegten Lebens drauf zu sehen, die flüchtige Gegenwart, dafür haben sich die Künstler begeistert" - und insbesondere für die formalen Erneuerungen, so Kornhoff weiter.
Wie die Flamme an einer Zündschnur
Die Ausstellung soll das Prozesshafte und das Fiebrige zeigen. "Die Ateliers haben sich so schnell mit 'Chinoiserien' bevölkert wie die Flamme an einer Zündschnur." Man habe sich eingedeckt mit Holzschnitten, Kimonos, Wandschirmen und dann Modelle in Kimonos gesteckt, Paravents und Fächer selbst bemalt. Dabei sei ein ganzer Kosmos an Japonika im Inszenierungsbereich entstanden, erklärt Kornhoff.
Der künstlerische Bereich sei aber eben auch jenseits der Motivik in eine formale Erneuerung gegangen. Claude Monet habe beispielsweise seine Landschaftsmalerei erneuert, "er malte auf einmal ganz anders".
Japanische Sozialisierung über Generationen hinweg
Man versuche mit der Ausstellung aber auch, jenen, die das japanischer Fieber heute mit Leidenschaft ausleben, zu zeigen, woher das alles komme: Manga, Anime und Cosplay. "Menschen, die in den 60ern geboren wurden, stellen fest, dass sie japanisch sozialisiert sind, denn die Zeichentrickserien unserer Kindheit "Biene Maja", "Heidi" oder "Wicki" seien in japanischen Studios produziert und die Figuren folglich im Kawaii-Stil gezeichnet worden - sie bedienten also das Kindchenschema, so Kornhoff weiter.
Humorvoll das Fremde ins Eigene überführen
Kulturelle Entwicklungslinien hielten nicht an Jahrhundertgrenzen, stellt Kornhoff fest. Das Fremde mit Humor, mit Lust und Neugier ins Eigene zu überführen, könne man besonders schön mit "Kostümieren" tun und dies hätten die Impressionisten nicht nur in ihren Bildern getan, "sie haben auch so angezogen". Es werde deutlich, dass die Künstler augenzwinkernd und selbstironisch verarbeiteten, dass sie im 19. Jahrhundert einem Fieber erlegen seien.
Das erlebten wir auch heute im Cosplay, erklärt Kornhoff, wobei es sich nun um ein popkulturelles Phänomen handle: "Sie verkleiden sich auch nach Charakteren, die sie in Mangas und Animes sehen. Diese Mischung aus Kostümieren und Hineinprojizieren gilt sicher für das 19. Jahrhundert genauso wie für die Gegenwart."