Wie "Black Lives Matter" den Kunstmarkt verändert
Der ghanaische Maler Amoako Boafo ist gerade sehr angesagt. Seine Bilder erzielen auf dem Kunstmarkt hohe Preise, obwohl er am Anfang seiner Karriere steht. Inwieweit Modetrends und Marktmanipulation dabei eine Rolle spielen, erläutert Carsten Probst.
"Blackness" – der neue Hoffnungsschimmer für den derzeit darniederliegenden Kunstmarkt? Vermutlich nicht. Die momentane Karriere des ghanischen Malers Amoako Boafos ist allerdings bemerkenswert. Angeblich soll inzwischen auch das Guggenheim Museum in New York ein Bild von ihm angekauft haben. Meist malt er Porträts von Schwarzen, deren Körper Boafo mit einer schrundigen Textur darstellt. Nicht nur wegen seines Studiums in Wien erinnert diese Malweise stark an den österreichischen Maler Egon Schiele (1890-1918).
Im Kontrast zu den stark vereinfacht dargestellten Kleidungsstücken erhalten die Körper eine charismatische Wirkung. Wenn man beim Schiele-Vergleich bleiben will, dann ist das, was für Schiele die verborgene erotische Identität seiner Portätierten war, die er sichtbar machen wollte, bei Boafo der Stolz auf die "Schwarze Identität", die er sichtbar machen will. Trotzdem wirkt seine Arbeit seltsam eindimensional, eher wie Design denn wie Malerei.
Fragwürdige Preismanipulation
Verschiedene Kunstmagazine berichten, dass Boafo versucht haben soll, die Preise für seine Arbeiten selbst in die Höhe zu treiben, wahrscheinlich mit Hilfe von "Art-Flipping". Das heißt: Kunsthändler, die Jahresausstellungen von Kunsthochschulen besuchen, kaufen dort preiswert die Bilder von Studierenden auf und versuchen diese dann auf den Kunstmarkt drücken, um auf diese Weise einen Hype zu kreieren und hohe Preise zu erzielen.
Aber mit der Qualität der Arbeiten hat das in der Regel wenig zu tun. Allein auf der letzten documenta 2017 waren etliche Schwarze Künstlerinnen und Künstler wie die aus Nigeria stammende Otobong Nkanga zu sehen, deren Malerei qualitativ viel besser ist.
Wenn aus Protest Lifestyle wird
Dass eine politische Bürgerrechtsbewegung wie Black Lives Matter nun für Spekulation auf dem Kunstmarkt herhält, ist eine Crux. Zumindest kann es problematisch sein, wenn dieser Lifestyle dann die ursprüngliche Idee völlig verdreht.
Wir kennen das eigentlich aus dem letzten Jahrhundert, als aus Widerstandskämpfern plötzlich linke Ikonen wurden, wie bei dem Revolutionär Che Guevara, dessen Porträt irgendwann zum Modeaccessoire wurde. In der Kunstszene war chinesisches Dissidententum vor einiger Zeit groß angesagt, vor allem die Solidaritätsbekundungen mit dem Künstler Ai Weiwei, als dieser im Gefängnis saß, während nebenbei die Geschäfte mit China munter weitergingen.
"Art-Flipping" muss nicht nur negativ sein, wenn sich dadurch Ideen oder eine Sensibilisierung für gesellschaftliche Verhältnisse verbreiten. Das war eine Zeitlang sogar die explizite Aufgabe des Kunstmarktes, vor allem im 19. Jahrhundert. Nur sind heute die Markttrends so kurzlebig, das sich daraus kaum eine nachhaltige Wirkung erzielen lässt.