Mumien als Zeugen einer Volkskrankheit
Mit Sehnsucht blicken wir auf Naturvölker, die wegen ihrer Lebensweise doch so gesund und munter seien. Stimmt alles gar nicht, sagt Udo Pollmer. Untersuchungen an Mumien auf der ganzen Welt zeigen, dass die Menschen schon immer unter Arterienverkalkung leiden.
Auf was für kerngesunde Menschen trafen die Europäer doch als sie einst ferne Gestade entdeckten und Land und Leute für sich in Besitz nahmen! Die "Wilden" widmeten sich dem Fischfang und der Jagd, sie sammelten Kräuter, Beeren und Blumen. Das verschaffte ihnen die nötige Bewegung. Sie genossen unverfälschte Nahrung aus einem Meer ohne Plastiktüten, sie kannten kein Fastfood und keine Fertigsuppe. Auch wenn vielleicht nicht alles so relaxt war, wie auf den Gemälden von Gauguin, so kann diese Völker eines nicht geplagt haben: Die typischen Krankheiten der Zivilisation wie Herzkreislauf-Leiden.
Keine Zweifel an bisherigen Erkenntnissen
Die US-amerikanische Kardiologen-Gesellschaft stützte lange Zeit diese Weltsicht: "Es gibt kaum Zweifel, dass die Westliche Ernährung ganz eng mit der Entwicklung von Arteriosklerose verbunden ist". Ärzte, die vor Jahren auf Papua Neuguinea oder im Amazonas-Regenwald Personen untersucht hatten, deren Kost als typisch steinzeitlich beschrieben wurde, sangen ein Loblied auf deren gesunde Herzen. Die Mediziner hatten die Steinzeit-Probanden gefragt, ob sie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall überstanden hätten und deren Cholesterin gemessen. Wenn das kein Beweis ist!
Allerdings frage ich mich, wie man mit Völkern, deren Dialekte wie Denkweisen einem vollkommen fremd sind, ein medizinisches Fachgespräch führt und sie davon überzeugt, mal schnell eine Blutprobe abzugeben. Massive Zweifel an diesen Darstellungen wecken neue – und durchweg übereinstimmende – Befunde, dass Gefäßverkalkungen schon immer und überall auf der Welt verbreitet waren und so normal sind wie Falten im Gesicht. Die Kronzeugen sind Mumien, Mumien aus den unterschiedlichsten Kulturen, Lebenswelten und Ernährungsweisen. Egal ob aus Peru, dem Alten Ägypten, dem Südwesten der USA, aus Alaska oder der Ötzi in den Alpen, sie alle zeigen die typischen Ablagerungen in den Arterien, die das Herz mit Blut versorgen.
Allerdings frage ich mich, wie man mit Völkern, deren Dialekte wie Denkweisen einem vollkommen fremd sind, ein medizinisches Fachgespräch führt und sie davon überzeugt, mal schnell eine Blutprobe abzugeben. Massive Zweifel an diesen Darstellungen wecken neue – und durchweg übereinstimmende – Befunde, dass Gefäßverkalkungen schon immer und überall auf der Welt verbreitet waren und so normal sind wie Falten im Gesicht. Die Kronzeugen sind Mumien, Mumien aus den unterschiedlichsten Kulturen, Lebenswelten und Ernährungsweisen. Egal ob aus Peru, dem Alten Ägypten, dem Südwesten der USA, aus Alaska oder der Ötzi in den Alpen, sie alle zeigen die typischen Ablagerungen in den Arterien, die das Herz mit Blut versorgen.
Die ach so herzgesunden "Naturgesellschaften"
Kritiker wandten ein, die langen Lagerzeiten der Mumien an ihren Fundstätten hätten zu Veränderungen geführt, die zu Fehlinterpretationen Anlass gäben. Doch inzwischen ist klar, dass die Ablagerungen nicht nur so ähnlich waren wie heute, sondern identisch. Und was ist mit den ach so herzgesunden "Naturgesellschaften"? Man muss nur genauer hinschauen – und prompt wird man fündig. Gregory Thomas, Chef-Kardiologe am weltberühmten Long Beach-Memorial Krankenhaus konstatiert: "Es ist uns (er meint damit seine Zunft) nicht gelungen, eine Kultur ohne Arteriosklerose zu finden."
Eine aktuelle Studie, die Horus-Studie, verglich die Blutgefäße von ägyptischen Mumien, die über 3.000 Jahre alt sind, mit heutigen Ägyptern: Wieder das gleiche Bild, je älter die Menschen waren, desto dicker die Ablagerungen – egal zu welcher Zeit sie gelebt hatten. Dabei hatte bereits 1852 Johann Czermak lange vor der heute genutzten Computer-Tomographie noch per Mikroskop bei Mumien Arteriosklerose nachgewiesen. Nur wurden all die alten Beobachtungen geflissentlich übersehen, um die Gefäßverkalkung zu einer Zivilisationskrankheit hochzustilisieren. Warum auch den Goldesel der Präventivmedizin, die inzwischen tief verankerte Angst vor Herzinfarkt, so leichtfertig aufgeben, lassen sich doch damit arglose Zeitgenossen disziplinieren?
Herzkrankung und luxuriöses Lotterleben
Um noch zu retten, was zu retten ist, wurde versucht, zu zeigen, dass Mumien, die zu Lebzeiten zur Oberschicht gehörten, dank ihres luxuriösen Lotterlebens herzkränker wären als der einfache "Fellache" mit karger Kost und harter Arbeit. Doch auch diesmal Fehlanzeige.
Randall Thompson, Herz-Spezialist an der Universität Missouri, meinte inzwischen etwas ernüchtert: "Diese Völker in alter Zeit hatten keine Konservierungsmittel, alles war ´Bio`, sie rauchten nicht und hatten jede Menge körperliche Betätigung. Aber… die Häufigkeit von Arteriosklerose in den damaligen Zeiten unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was wir heute sehen." Wie beruhigend. Je relaxter, je stressfreier wir mit unserem Essen umgehen, desto besser für unser Herz. Mahlzeit!
Randall Thompson, Herz-Spezialist an der Universität Missouri, meinte inzwischen etwas ernüchtert: "Diese Völker in alter Zeit hatten keine Konservierungsmittel, alles war ´Bio`, sie rauchten nicht und hatten jede Menge körperliche Betätigung. Aber… die Häufigkeit von Arteriosklerose in den damaligen Zeiten unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was wir heute sehen." Wie beruhigend. Je relaxter, je stressfreier wir mit unserem Essen umgehen, desto besser für unser Herz. Mahlzeit!
Literatur
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Allam AH et al: Atherosclerosis in ancient and modern Egyptians. The Horus Study. Global Heart 2014; 9: 197-202
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Czermak J: Beschreibung und mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Math.-Naturwissenschaftliche Klasse 1852; 9: 427-448
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Ruffer MA: Studies of the Paloepathology of Egypt. University of Chicago Press, Chicago 1921
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Thompson RC et al: Computed tomographic evidence of atherosclerosis in the mummified remains of humans from around the world. Global Heart 2014; 9: 187-196
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